Entscheidungsstichwort (Thema)

Besuchsfahrten zu Kind, das im Ausland die Schule besucht, keine außergewöhnlichen Belastungen

 

Leitsatz (amtlich)

Besuchsfahrten der Eltern zu ihrem im europäischen Ausland die Schule besuchenden Kind sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Solche Kosten werden durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für Besuche bei einem im Ausland lebenden minderjährigen Kind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger, der als Soldat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, war in der Vergangenheit an unterschiedlichen Standorten tätig. Aus diesem Grund zogen die Kläger mit ihrer Familie mehrfach um. Bis zum Jahr 2008 lebten sie in B; anschließend zogen sie nach S um. Von 2010 bis April 2013 lebten sie in H/Frankreich. Danach erfolgte ein Umzug nach D. Eines der Kinder der Kläger, die im September 1996 geborene Tochter S, blieb im Streitjahr 2013 zur Vermeidung eines neuerlichen Schulwechsels in S/Frankreich wohnhaft.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr machten die Kläger neben Krankheitskosten Aufwendungen für Besuchsfahrten zu ihrer in Frankreich lebenden Tochter in Höhe von 719,00 € als außergewöhnliche Belastungen geltend, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 26. Juni 2014 nicht zum Steuerabzug zuließ.

Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, in besonderen Ausnahmefällen könnten Aufwendungen für Besuche von Eltern bei Kindern als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. So verhalte es sich auch im Streitfall. Auf Grund der sich häufig ändernden Dienststellen des Klägers habe ihre Tochter bereits mehrfach die Schule wechseln müssen. Beim letzten Umzug nach D hätten sie entschieden, dass ihre Tochter am bisherigen Wohnsitz in Frankreich verbleiben solle, um dort die Schulausbildung zu beenden. Sie hätten vermeiden wollen, dass ihrem Kind durch einen erneuten Wechsel der Schule Nachteile entstünden. Ein neuerlicher Schulwechsel in Folge des Umzugs nach D wäre zeitlich in die Oberstufe gefallen. Ein solcher Umzug hätte die Schullaufbahn unterbrochen und den Erfolg der Schulausbildung gefährdet. In Anbetracht des Alters ihrer Tochter sei es jedoch erforderlich, dass diese regelmäßig mit der Familie zusammen treffe. Um diese Treffen zu ermöglichen, seien erhebliche Fahrtkosten angefallen. Ihre Tochter S benötige noch die familiäre Anbindung und regelmäßige, über Telefonate hinausgehende Kontakte mit ihren Eltern und Geschwistern. Diesen Bedürfnissen ihrer Tochter könnten sie sich nicht verweigern. Für die seelische Entwicklung des Kindes seien die Besuche unbedingt erforderlich. Den geltend gemachten Fahrtkosten für die Heimfahrten ihrer Tochter S von Frankreich nach Deutschland könnten sie sich aus sittlichen Gründen nicht entziehen. Die Kosten, die nicht zu den typischen Aufwendungen der Lebensführung gehörten, seien auch außergewöhnlich. Es gebe nur ganz wenige Familien, bei denen berufsbedingt häufige Umzüge erfolgten, die jeweils auch mit Schulwechseln verbunden seien.

Durch Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2014 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass außergewöhnliche Belastungen vorlägen, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwüchsen. Aufwendungen seien außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen lägen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung seien dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 Einkommensteuergesetz -EStG- ausgeschlossen. Familienbedingte Aufwendungen seien bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs und seit 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten. Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehörten in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen, es sei denn, die Fahrten würden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen. Dadurch, dass jeder Elternteil nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, Kontakt zu seinem Kind zu halten, seien die zu den typischen Kosten der Lebensführung gehörenden Aufwendungen nicht außergewöhnlich im Sinne des § 33 EStG. Weder sei es als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kinder getrennt lebe, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft mehr bestehe, noch seien die auf Grund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umfang mit den Kinder außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern sei auch bei zusammenlebenden Eltern n...

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