Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte Feststellung des Einlagekontos einer Verbrauchsstiftung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Leistungen einer Stiftung sind mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar und führen zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung Einfluss nehmen kann.

2. Für eine rechtsfähige Stiftung, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erbringen kann, ist ein steuerliches Einlagenkonto gemäß § 27 Abs. 1 i.V. mit Abs. 7 KStG festzustellen und dessen Bestand nach § 27 Abs. 2 KStG gesondert festzustellen.

3. Der Verbrauchsstock, also das Stiftungsvermögen einer Verbrauchsstiftung, ist anders als das Grundstockvermögen einer auf Dauer errichteten rechtsfähigen Stiftung nicht wie Nennkapital einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.

 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 1, 7; EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2023; Aktenzeichen I R 46/21)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein steuerliches Einlagekonto gesondert festzustellen ist.

Die Klägerin ist eine im Streitjahr 2015 gegründete, von der Regierung von 1 am xx.xx.2015 anerkannte, rechtsfähige Familienstiftung.

Zweck der Stiftung ist die Förderung einer angemessenen Ausbildung der Enkelkinder des Stifters A durch Gewährung finanzieller Unterstützung während deren Ausbildung. Gemäß § 3 der Stiftungssatzung vom xx.xx.2015 können die Destinatäre der Stiftung laufende monatliche Zahlungen in Höhe von 1.000 € zur freien Verfügung während der nachschulischen Berufsausbildung für die maximale Dauer von 120 Monaten erhalten.

Nach § 5 Nr. 1 der Stiftungssatzung ist der Stifter A der erste Vorstand der Stiftung, der nach § 6 der Stiftungssatzung über die Verwendung der Erträge und des Stiftungsvermögens entscheidet.

Die Stiftung wird nach Abschnitt III. des Stiftungsgeschäfts vom xx.xx.2015 mit einem Grundstockvermögen von ca. 796.600 € ausgestattet, das sich auf Bankkonten, Sparbücher und Wertpapierdepots verteilt. Der Stifter verpflichtet sich, nach Anerkennung der Stiftung, das Grundstockvermögen in die Stiftung einzubringen. Die Vermögensübersicht zum 31.12.2015 weist das Stiftungskapital mit ca. 796.600 € aus. Hiervon stehen jedoch noch ca. 790.300 € aus, weshalb die tatsächlich vom Stifter geleistete Einzahlung bis zum 31.12.2015 auf 6.360,34 € beträgt.

Nach § 4 Nr. 2 der Stiftungssatzung kann zur Erfüllung der Stiftungszwecke das Vermögen der Stiftung sukzessive verbraucht werden, soweit gesichert ist, dass die Stiftung für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren ab Erlangung der Rechtsfähigkeit Bestand hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stiftungssatzung und das Stiftungsgeschäft jeweils vom xx.xx.2015 Bezug genommen.

Am 05.05.2017 reichte die Klägerin mit der Körperschaftsteuererklärung 2015 eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 ein und fügte die Einnahmen-Überschuss-Rechnung vom xx.xx.2015 bis 31.12.2015 nebst Vermögensübersicht bei. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung wurde das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2015 mit 6.360 € ausgewiesen.

Das Finanzamt lehnte im Erläuterungstext zum Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom 30.06.2017 die beantragte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ab.

Der gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom 30.06.2017 eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzamt vertrat dabei weiterhin die Auffassung, dass eine Stiftung mangels Verbandsstruktur kein steuerliches Einlagekonto gemäß § 27 KStG habe.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage hält die Klägerin daran fest, dass ein steuerliches Einlagekonto festzustellen sei. Zur Begründung trägt sie vor, dass eine rechtsfähige Stiftung nach§ 27 Abs. 7 KStG dazu berechtigt sei, ein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 Abs. 1 bis 6 KStG zu führen. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 KStG gelte zwar unmittelbar nur für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften, jedoch sei dieser über den Verweis in § 27 Abs. 7 KStG auch auf unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen anzuwenden. Darunter würde auch eine rechtsfähige Stiftung - wie die Klägerin - fallen, die ihren Destinatären Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gewähre. Die rechtsfähige Stiftung sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG eine sonstige juristische Person des Privatrechts und damit unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, auch wenn sie weder eine Kapitalgesellschaft noch eine Körperschaft oder Personenvereinigung sei.

In der Literatur und der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe sich die Auffassung durchgesetzt, dass eine Stiftung, deren Leistungen als Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren seien, ein steuerliches Einlagekonto führen könne, um in der Konsequenz hieraus steuerfreie Einlagenrückgewähr zu ermöglichen.

Das Grundstockvermögen der Stiftung sei als Nennkapital zu qualifizier...

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