Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz des Sachleistungsanspruchs statt des Einheitswerts bei im Erbzeitpunkt noch nicht vollständig erfülltem Grundstückskaufvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Ist hinsichtlich einer vom Erblasser erworbenen Eigentumswohnung im Erbzeitpunkt zwar die Auflassung erklärt, eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, der Kaufpreis bezahlt und der Besitz übergegangen und fehlt lediglich noch die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch, so ist der noch nicht erfüllte Sachleistungsanspruch auf Übertragung des Eigentums erbschaftsteuerlich als Vermögensgegenstand mit dem gemeinsamen Wert anzusetzen, der dem Kaufpreis entspricht.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; ErbStG § 12 Abs. 1; BewG § 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine von der Erblasserin erworbene, ihr bereits aufgelassene und in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehende Eigentumswohnung trotz fehlender Grundbucheintragung erbschaftsteuerlich bereits mit dem Einheitswert zu erfassen ist.

Die Klägerin ist lt. Erbschein Alleinerbin ihrer am 23.02.1993 verstorbenen Mutter (Erblasserin).

Mit notarieller Urkunde vom 13.11.1992 kaufte die Erblasserin zum Kaufpreis von 245.000 DM eine Eigentumswohnung im Anwesen A.-Str. 13 in Z.. In der Kaufvertragsurkunde wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung der Erblasserin als Eigentümerin in das Grundbuch bewilligt und beantragt, wobei der Notar den Eintragungsantrag erst dann stellen durfte, wenn ihm der Verkäufer den Erhalt des Kaufpreises bestätigte. Weiter wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und am 24.11.1992 in das Grundbuch eingetragen. Der Kaufpreis war innerhalb von 14 Tagen nach Eintragung der Auflassungsvormerkung fällig; er wurde am 21.12.1992 entrichtet. Mit der Bezahlung des Kaufpreises gingen Besitz, Nutzen und Lasten auf die Erblasserin über. Am 30.03.1993 wurde die Erblasserin als Eigentümerin im Grundbuch eintragen, und im Wege der Berichtigung am 06.07.1993 die Klägerin.

Nachdem die Klägerin zunächst keine Erbschaftsteuererklärung einreichte, setzte das Finanzamt im Wege der Schätzung mit Bescheid vom 25.10.1995 die Erbschaftsteuer auf 12.972 DM fest. Mangels Kenntnis des Kaufvertrags vom 13.11.1992 berücksichtigte es dabei die Eigentumswohnung mit dem erhöhten Einheitswert von 43.120 DM.

Die Klägerin erhob dagegen Einspruch und reichte, die Erbschaftsteuererklärung beim Finanzamt ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens erlangte das Finanzamt Kenntnis von dem Kaufvertrag vom 13.11.1992. Es machte die Klägerin unter Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchsrücknahme darauf aufmerksam, dass wegen des im Todeszeitpunkt noch nicht vollständig erfüllten Kaufvertrags statt des Einheitswerts für die Eigentumswohnung der mit dem Kaufpreis anzusetzende Sachleistungsanspruch auf Eigentumsübertragung anzusetzen sei und dies u. a. zu einer Erhöhung der Steuerschuld führen werde. Mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2001 setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer auf 27.790 DM fest und berücksichtigte dabei den Sachleistungsanspruch auf Übertragung des Eigentums an der Eigentumswohnung mit 245.000 DM.

Der Prozessbevollmächtigte hat Klage erhoben. Er beantragt, den Erbschaftsteuerbescheid vom 25.10.1995 in Gestalt, der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2001 dahin zu ändern, dass die Eigentumswohnung nur mit dem Einheitswert in Höhe von 43.120 DM angesetzt wird.

Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor:

Der Klägerin sei unverständlich, weshalb für die Eigentumswohnung nicht wie bisher der Einheitswert angesetzt werde, sondern der gemeine Wert in Höhe der Kaufpreiszahlung von 245.000 DM. Unbefriedigend sei der Hinweis des Finanzamts, dass im Erbzeitpunkt der mit Eintragung in das Grundbuch stattfindende Eigentumsübergang noch nicht eingetreten und der Grundstückskaufvertrag noch nicht vollständig erfüllt gewesen sei. Die Handhabung des Finanzamts widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. Denn bei einer Schenkung unter Lebenden wäre die Steuer bei Ausführung der Schenkung, also bereits bei Übergang von Nutzen und Lasten entstanden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum in diesem Fall zwischen einer Zuwendung unter Lebenden und einem Erwerb von Todes wegen mit der Folge einer erheblich höheren Steuerbelastung unterschieden werde, obgleich dem Erwerber beide Mal das Eigentum an, einem Grundstück verschafft werde. Die Erblasserin habe zudem keinen Einfluss mehr auf ihre Eintragung im Grundbuch gehabt. Sie habe alle ihre Obliegenheiten bereits erfüllt gehabt. Der Kaufvertrag sei geschlossen gewesen, die Auflassungsvormerkung eingetragen, der Kaufpreis bezahlt und Nutzen und Lasten seien am 01.01.1993 übergegangen gewesen. Auch habe der Veräußerer keine Verfügungsmacht mehr über dem Grundbesitz gehabt. Steuerrechtlich sei die Eigentumswohnung der Erblasserin bereits mit Übergang von Nutzen und Lasten zuzurechnen gewesen. Es sei nicht verständlich, weshalb bei der Erbschaftsteuer etwas anderes gelten solle.

Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.

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