rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung des Wertes von inländischen GmbH-Anteilen, die gegen junge US-Aktien sofort getauscht wurden, bei der Schenkungsteuer. Vollziehungsaussetzung gegen Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden geschenkte GmbH-Anteile gegen junge US-Aktien getauscht, so ist deren gemeiner Wert gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG anzusetzen. Rückwirkende Kursveränderungen bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Wegen der noch nicht zugelassenen Aktien ist ein Abschlag von 10% angebracht.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 11, 12 Abs. 1; BewG § 9 Abs. 2, § 11 Abs. 2; BGB § 515

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Bewertung geschenkter GmbH-Anteile bzw. dafür eingetauschter nicht notierter US-Aktien, die noch nicht zum Börsenhandel an der New York Stok Exchange zugelassen waren bzw., ob eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung zu gewähren ist.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2002 in Sachen Aussetzung der Vollziehung, den Beschluss des 11. Senats des Finanzgerichts München Az. 11 V 209/02 vom 5. Juni 2002, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids vom 12. Februar 2002 in Gestalt des während des Verfahrens ergangenen Änderungsbescheides vom 11. Januar 2002 in Höhe von 3.870.117 DM wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen bzw. die Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewahren.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist teilweise begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298).

1. Dem Grunde nach besteht zwar die Steuerfestsetzung zu Recht. Die Vergleichswertmethode hat stets Vorrang vor der Schätzung des gemeinen Werts nach dem sog. Stuttgarter Verfahren (s. BFH-Urteil vom 28. November 1980 III R 86/78, BStBl II 1981, 353). Im vorliegenden Fall ergibt sich der Wert der geschenkten Anteile zwar nicht aus einem Verkauf, wie § 11 Abs. 2 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) vorauszusetzen scheint, sondern aus einem Tausch, was jedoch unwesentlich ist, weil jede Vertragspartei hinsichtlich des hingegebenen Gegenstandes Verkäufer ist (s. Palandt, BGB, 60. Aufl., § 515 Rz. 6). § 9 Abs. 2 BewG, der nur von „Veräußerung” spricht, ist entsprechend auszulegen, zumal nach § 12 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) i.V.m. § 9 BewG die zivilrechtliche Betrachtungsweise gilt. Demnach ist diese Vorschrift über § 515 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend bei einem Tausch anzuwenden. Veräußerung ist nichts anderes als die nicht unentgeltliche Übertragung, weshalb der BFH mit Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 54/88, BStBl II 1993, 331, 332 auch den Tausch von GmbH-Anteilen gegen andere Anteile als Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) angesehen hat. Dass bei einem Tausch statt eines Kaufpreises der gemeine Wert als Gegenleistung anzusetzen ist, ist bei Verkehrssteuern durchaus üblich (s. § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, § 8 Nr. 1 Kapitalverkehrsteuergesetz – KVStG –, solange es noch die Gesellschaftsteuer gab, § 18 Abs. 3 Nr. 1 KVStG, solange es noch die Börsenumsatzsteuer gab).

2. Zuwendungszeitpunkt der GmbH-Anteile ist bei der Schenkungsteuer der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Dies war der 10. September 1998 lt. notarieller Urkunde (Nr. 2212/1998). Folglich ist gemäß dem im Erbschaftsteuergesetz geltenden Stichtagsprinzip des § 11 ErbStG auf den Wert der dafür getauschten S.-Aktien an diesem Tag abzustellen. Wann diese Aktien der Antragstellerin tatsächlich übergeben wurden, ist unerheblich. Entgegen den zum Ertragsteuerrecht ergangenen Entscheidungen des BFH vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BStBl II 1994, 648 und vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897 bleiben rückwirkende Kursveränderungen deshalb grundsätzlich unberücksichtigt (s. auch § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 1 BewG betreffend Wertpapiere an einer deutschen Börse; zu den seltenen Ausnahmen s. Meincke, ErbStG, 13. Aufl., § 12 Rz. 34). Somit ist anders als im zur Einkommensteuer (§ 17 EStG) ergangenen Beschluss des 11. Senats des Finanzgerichts München vom 5. Juni 2002 Az. 11 V 209/02 (die Akten dieses Verfahrens hat der Senat mit Beschluss vom 19. August 2002...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge