rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des hinzuzurechnenden Kindergeldes bei Abzug des vollen Kinderfreibetrages bei Günstigerprüpfung nach § 31 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmende Hinzurechnung des Kindergeldes im entsprechenden Umfang richtet sich danach, ob das Einkommen um einen vollen oder halben Kinderfreibetrag für den jeweiligen Monat vermindert wurde. Für Monate, in denen der Stpfl. Anspruch auf den vollen Kinderfreibetrag hat oder in denen der halbe Kinderfreibetrag des anderen Elternteils nach § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG auf ihn übertragen wurde, ist deshalb das volle Kindergeld hinzuzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob es an ihn oder eine andere Person ausgezahlt wurde.

2. Unter Kindergeld im Sinne von § 36 Abs. 2 EStG ist das für den jeweiligen Kalendermonat gezahlte Kindergeld zu verstehen. Ohne Übertragung des Kinderfreibetrages fällt bei einem barunterhaltspflichtigen Elternteil hierunter das halbe Kindergeld, das er über den zivilrechtlichen Ausgleich entsprechend § 1615g (ab 01.07.1998: § 1612b) erhält.

 

Normenkette

EStG § 31 Sätze 4-5, § 32 Abs. 6 S. 5, § 36 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 1615g, 1612b

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.10.2000; Aktenzeichen VI R 73/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des bei Abzug eines vollen Kinderfreibetrages der Einkommensteuer hinzuzurechnenden Kindergeldes.

Die Kläger wohnen mit dem am ... 1985 geborenen gemeinsamen Sohn ... und der am ... 1980 geborenen Tochter ... der Klägerin in einem Haushalt. Sie bezogen im Kalenderjahr 1996 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Das ausgezahlte Kindergeld für ... und ... betrug ... DM.

Die Kläger beantragten in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1996 für das Kind ... der Klägerin den vollen Kinderfreibetrag, da der Kindesvater seine Unterhaltsverpflichtung nicht zu mindestens 75 % erfüllt habe. Der Beklagte entsprach dem Antrag im Einkommensteuerbescheid vom 25. Juli 1997, bezog jedoch das ausgezahlte Kindergeld für ... in voller Höhe in die Vergleichsrechnung nach § 31 Satz 4 EStG ein. Die Kläger erreichten durch den Ansatz des vollen Kinderfreibetrages unter Hinzurechnung des gesamten für das Kind ... gezahlten Kindergeldes mit Ausnahme des geringeren Solidaritätszuschlages keine steuerliche Vergünstigung.

Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Sie beantragten nunmehr den vollen Kinderfreibetrag unter Hinzurechnung von nur 100,00 DM Kindergeld pro Monat, da die Anerkennung des vollen Kinderfreibetrages beim Gegenansatz von 200,00 DM Kindergeld pro Monat steuerlich ins Leere gehen würde. Sie machten geltend, daß der Vater der Tochter ... keinen Unterhalt zahlen und ihnen daher eine über die alternative Berücksichtigung des Kinderfreibetrages oder des Kindergeldes hinausgehende steuerliche Vergünstigung zustehen würde.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Der Beklagte stützt seine Entscheidung darauf, daß gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG bei Berücksichtigung des Kinderfreibetrages die Hinzurechnung des für das Kind ... gezahlten Kindergeldes in entsprechendem Umfang zu erfolgen habe. Da nach § 31 EStG ab 1996 das Kindergeld und der Kinderfreibetrag nur alternativ zu gewähren seien, wäre ein Kind, für das ein voller Kinderfreibetrag angesetzt werde, aber nur die Hälfte des für das Kind gezahlten Kindergeldes der Einkommensteuer hinzugerechnet werde, insoweit doppelt begünstigt. Es sei offensichtlich, daß in einem solchen Fall ein halber Kinderfreibetrag und die Hälfte des Kindergeldes nebeneinander berücksichtigt würden.

Auch die Gesetzeslage vor 1996 habe nicht zu einer zusätzlichen Steuervergünstigung für den Fall geführt, daß ein Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind nicht im wesentlichen erfüllt habe. Es sei lediglich die steuerliche Vergünstigung dieses Elternteils auf den anderen Elternteil, der seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen sei, übertragen worden.

Die Kläger haben am ... 1997 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, im vorliegenden Fall sei bei Übertragung des Kinderfreibetrages vom anderen Elternteil nur das ihr, der Klägerin, zustehende Kindergeld gegenzurechnen. Die zweite Hälfte des Kindergeldes stehe dem anderen Elternteil im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruches zu. Dieser Anspruch erlösche nicht dadurch, daß der andere Elternteil keinen Unterhalt leiste. Würde in den Fällen, in denen der Kinderfreibetrag aufgrund mangelnder Erfüllung der Unterhaltspflicht übertragen werde, immer das gesamte Kindergeld angerechnet, würden nur wenige Steuerpflichtige durch die Übertragung steuerlich bessergestellt als die Personen, die Unterhalt erhalten hätten. Die Übertragung des Kinderfreibetrages bliebe ohne weitere steuerliche Entlastung. Dies könne nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, der bis zum Veranlagungszeitraum 1995 Übertragungen von Kinderfreibeträgen in solchen Fällen ebenfalls vorgesehen habe, die dann auch zu einer zusätzlichen steu...

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