rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Für die Kostenfestsetzung maßgeblicher Umsatzsteuersatz auf die Vergütung des Rechtsanwalts bei einvernehmlicher Erklärung der Hauptsache: Beendigung des Rechtszugs im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG erst im Zeitpunkt der gerichtlichen Kostenentscheidung über die Erledigung der Hauptsache. maßgebliche Fassung des RVG bei Auftragserteilung an Rechtsanwalt vor dem 1.1.2021

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nach dem RVG abzurechnende (Teil-) Leistung eines Rechtsanwalts ist die Prozessvertretung zur Durchsetzung des Klageanspruches und daher regelmäßig dann erbracht, wenn der Rechtsstreit in der jeweiligen Instanz in der Hauptsache (durch Urteil, Gerichtsbescheid, Beschluss mit Kostenentscheidung) beendet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 RVG). Dieser Zeitpunkt bestimmt bezüglich der nach Nr. 7008 VV RVG zu erstattenden Umsatzsteuer auf die Vergütung, welcher Umsatzsteuersatz anzuwenden ist.

2. Ob ein Rechtszug beendet ist, bestimmt sich nach den jeweiligen verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Haben die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, findet das Klageverfahren in der Hauptsache zwar damit sein Ende, anhängig bleibt jedoch der Rechtsstreit wegen der Kosten, über die das Gericht durch Beschluss entscheiden muss. Dies bedeutet für die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 RVG, dass der Rechtszug erst mit Ergehen der Kostenentscheidung vollständig beendet ist.

3. § 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 RVG begründet auch bei einer (noch) nicht rechtskräftigen bzw. nur vorläufig vollstreckbaren Kostenentscheidung die Fälligkeit der Vergütung des Rechtsanwaltes. Eine Kostenentscheidung ist mithin erst dann im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG „ergangen,” wenn sie nach der maßgeblichen Verfahrensordnung wirksam ist. Voraussetzung ist mithin, dass die Kostenentscheidung den Verfahrensbeteiligten zugestellt oder bekannt gegeben worden ist.

4. Ist ein gerichtlicher Beschluss, in dem die Kostenentscheidung nach einvernehmlicher Erklärung der Hauptsache getroffen worden ist, zwar vor dem 1.1.2021 versandt worden, aber nicht beim Bevollmächtigten angekommen, und wird er deswegen nach dem 31.12.2020 nochmals versandt, so gilt er erst nach dem 31.12.2020 als bekanntgegeben und der Rechtszug damit als „beendet” im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG, mit der Folge, dass bei der Kostenfestsetzung bezüglich der dem Rechtsanwalt zu erstattenden Umsatzsteuer nicht der in der Zeit von 1.7.2020-31.12.2020 nach § 28 Abs. 1 UStG gültige Steuersatz von 16 %, sondern der ab 1.1.2021 wieder gültige Steuersatz von 19 % anzuwenden ist.

5. Ist dem Rechtsanwalt der unbedingte Auftrag zur Klageerhebung vor dem 1.1.2021 erteilt worden, so ist seine Vergütung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG auch dann nach der in der Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abzurechnen, wenn das Klageverfahren erst nach dem 31.12.2020 abgeschlossen worden ist.

 

Normenkette

RVG § 8 Abs. 1 Sätze 2-3, § 60 Abs. 1 S. 1; VV RVG Nr. 7008; FGO § 138 Abs. 1-2, § 149 Abs. 1; ZPO § 103 Abs. 1, § 104 Abs. 1, 2 S. 3; FGO § 155 S. 1; UStG § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 28 Abs. 1

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 08. Juni 2021 (Aktenzeichen: 5 K 5000/19) wird wie folgt neu gefasst:

Die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 448,15 Euro (in Worten: vierhundertachtunvierzig und 15/100) festgesetzt. Der festgesetzte Betrag ist ab dem 15. Januar 2021 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu verzinsen (§ 155 FGO, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Kostenerstattung im Klageverfahren 5 K 5000/19.

Die Erinnerungsführerin erhob mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. Juni 2019 – dem Gericht am selben Tage per Fax übermittelt – Klage gegen den Bescheid der Erinnerungsgegnerin vom 10. Januar 2019. Das Prozessverfahren wurde unter dem gerichtlichen Aktenzeichen 5 K 5000/19 geführt.

Nachdem der angefochtene Bescheid geändert wurde und die Prozessbeteiligten übereinstimmend erklärt hatten, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe, sprach das Gericht mit Beschluss (Aktenzeichen: 5 K 5000/19) vom 16. November 2020 aus, dass die Erinnerungsgegnerin [Beklagte] die Kosten des Prozessverfahrens zu tragen hat.

Am 20. November 2020 erstellte die Serviceeinheit des 5. Senates beglaubigte Abschriften des Beschlusses vom 16. November 2020. Die Versendung des Beschlusses erfolgte mittels Brief auf dem Postweg. Die Briefe an die Verfahrensbeteiligten wurden ausweislich des Absendevermerks, der sich in der Prozessakte befindet, am 20. November 2020 zur Post gegeben.

Am 16. Dezember 2020 fragte die Erinnerungsgegnerin fernmündlich an, ob die Erinnerungsführerin (Klägerin) den Rechts...

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