Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelmäßig keine Tarifbegünstigung einer nach der Nettolohnmethode ermittelten Verdienstausfallentschädigung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IX R 26/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erleidet der Steuerpflichtige infolge einer schuldhaften Körperverletzung eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit, kommt eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nur im Hinblick auf Zahlungen in Betracht, die zivilrechtlich den Erwerbs- und Fortkommensschaden ausgleichen sollen. Inwieweit dies der Fall ist, ist grundsätzlich aus der Sicht der Parteien der Entschädigungsvereinbarung zu beurteilen.

2. Eine Trennung der Verdienstausfallentschädigung in Schadensersatz einerseits für den ausgefallenen Nettolohn und andererseits für die hierauf entfallende Einkommensteuer ist nicht möglich.

3. Der Umstand, dass die Tarifermäßigung bei der Ermittlung der Verdienstausfallentschädigung nach der Bruttolohnmethode regelmäßig zur Anwendung kommen kann, während sie bei Anwendung der Nettolohnmethode – aufgrund der üblicherweise in verschiedenen Veranlagungszeiträumen erfolgenden Auszahlung von Nettoverdienstausfallentschädigung und Erstattung der zu zahlenden Steuern – regelmäßig nicht in Betracht kommen wird, rechtfertigt keine (weitere) Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei Zufluss der Entschädigung in mehreren Veranlagungszeiträumen eine ermäßigte Besteuerung nicht in Betracht kommt.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Regelung des § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) auf eine Verdienstausfallentschädigung anzuwenden ist.

Die (…) Klägerin wurde im Streitjahr 2018 einzelnen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihren Angaben zufolge war die Klägerin von XX.XXXX bis XXXX als XY freiberuflich tätig. Von XX.XXXX bis XX.XXXX war sie zudem im Rahmen einer X-Prozent-Stelle als (…) an der A tätig. Seit XXXX ist sie außerdem Gesellschafterin der B GbR. Aus dieser Beteiligung erzielte die Klägerin im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von XXX EUR.

Die Klägerin hatte seit XX.XXXX einen Grad der Behinderung von X (…). Ab XX.XXXX erhöhte sich der Grad der Behinderung auf X, außerdem waren das Merkzeichen X sowie (Merkzeichen X) festgestellt (…). Ab XX.XX.XXXX sind neben einem Grad der Behinderung von X die Merkzeichen X und X sowie X festgestellt (…). Die Klägerin war XXXX aufgrund (…) medizinischer Behandlungsfehler bei einer Operation so erheblich geschädigt worden, dass sie in der Folge ihre Tätigkeit als XY nur noch eingeschränkt ausüben konnte. Seit XX.XXXX bezieht sie daher eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese belief sich im Streitjahr auf XXX EUR (…).

Ausweislich des Beschlusses des Landgerichts (LG) C vom XX.XX.XXXX (…) schloss die Klägerin in dem Rechtsstreit gegen das Krankenhaus 1 und D gGmbH und die behandelnden Ärzte als Beklagte sowie die Klinik 2 als Nebenintervenientin wegen Schmerzensgeld u.a. (Az. X O XXX/XX) folgenden Vergleich:

1.

Die Beklagten bezahlen als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR XXX, die Streitverkündete einen Betrag von EUR XXX, Gesamtbetrag somit EUR XXX.

2.

Die Beklagten verpflichten sich ferner als Gesamtschuldner, der Klägerin 90 % der von ihr aufgrund des Verdienstausfallschadens gemäß nachstehender Ziffer 7 dieser Vereinbarung entrichteten Steuern gegen Nachweis zu erstatten.

Die Streitverkündete verpflichtet sich ferner, an die Klägerin 10 % der von ihr aufgrund des Verdienstausfallschadens gemäß nachstehender Ziffer 7 dieses Vergleichs entrichteten Steuern gegen Nachweis zu erstatten.

[…]

4.

Die Zahlungen der in Ziffer 1 erwähnten Vergleichsbeträge sind fällig innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des durch Beschluss des Landgerichts C festgestellten Vergleichs.

Die Zahlungen der in Ziffer 2 geregelten Beträge sind fällig innerhalb von drei Wochen nach Erbringung des Nachweises über die entrichteten Steuern.

[…]

7.

Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass der in Ziffer 1 erwähnte Vergleichs- und Abfindungsbetrag sich zusammensetzt aus einem Schmerzensgeld von EUR XXX, einem Verdienstausfallschaden in Höhe von EUR XXX, sowie aus sonstigen Kosten und Schäden, […] in Höhe von pauschal EUR XXX.

[…]

Dem Vergleich war ein Hinweisbeschluss des LG C vom XX.XX.XXXX vorausgegangen, in dem die Kammer den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet hatte. Auf den Hinweisbeschluss wird Bezug genommen (…).

Die Versicherung 1 überwies am XX. Mai 2018 XXX EUR auf das Konto der Klägerin. Am XX. Juni 2018 überwies die Versicherung 2 im Namen der Streitverkündeten XXX EUR an die Klägerin (…).

In ihrer im Folgejahr eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab die Klägerin die Verdienstausfallentschädigung in Höhe von XXX EUR als ermäßigt zu besteuernde Versorg...

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