Nicht jede Änderung führt zu einer Abänderungsmöglichkeit. Die Änderung muss wesentlich sein, § 225 Abs. 2 FamFG, sonst ist der Abänderungsantrag unbegründet.[32]

Nach § 225 Abs. 3 FamFG ist eine Wertänderung wesentlich, wenn sie mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts des Anrechts beträgt (relative Wertgrenze) und bei einem Rentenbetrag als maßgebliche Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV[33] übersteigt (absolute Wertgrenze). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein – liegt nur eine vor, ist das Abänderungsverfahren nicht begründet.[34]

Die relative Wertgrenze muss lediglich erreicht, aber nicht überschritten sein. Maßgeblich ist nicht der Ausgleichswert nach Saldierung aller Anrechte, sondern der des einzelnen abzuändernden Anrechts.[35]

Die absolute Wertgrenze entspricht der Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG. Das Ergebnis bei ihrer Überprüfung ist unterschiedlich je nachdem, ob bei der gesetzlichen Rentenversicherung an den Kapitalwert oder die monatliche Rente angeknüpft wird.[36] Maßgebliche Bezugsgröße für die gesetzliche Rentenversicherung sind Entgeltpunkte, nicht monatliche Rentenbeträge,[37] so dass der Kapitalwert der zu übertragenden Anwartschaft maßgeblich ist.[38] Der Kapitalwert der Wertänderung aufgrund der Gesetzesänderung muss 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen[39] monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Ausgangslage (West): Die Eheleute haben am 10.7.1990 geheiratet, im Dezember 1990 wurde eine gemeinsame Tochter geboren, welche die Ehefrau betreut hat. Der Scheidungsantrag wurde am 23.11.2010 zugestellt. Die Ehezeit dauerte folglich vom 1.7.1990 bis 31.10.2010.

a) Relative Wertgrenze

Unterstellt sei, die Ehefrau habe nach bislang geltendem Recht während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung West Anwartschaften von 6 Entgeltpunkten (EP) erworben. Im Scheidungsverfahren sind hiervon 3 EP auf den Ehemann übertragen worden. Aufgrund der Gesetzesänderung erhöhen sich die Anwartschaften der Ehefrau rückwirkend um einen Entgeltpunkt auf 7 EP für die zusätzliche Kindererziehungszeit für die gemeinsame Tochter, so dass nunmehr dem Ehemann insgesamt 3,5 EP zustehen. Die auf ihn zu übertragenden Anwartschaften erhöhen sich um 0,5 EP. Die auf den Ehemann zu übertragenen Anwartschaften erhöhen sich um 16,67 % – die relative Wertgrenze ist unproblematisch eingehalten.

Zu demselben Ergebnis gelangt man im Übrigen unabhängig von der Berechnungsmethode: Werden die Entgeltpunkte in eine monatliche Rente umgerechnet, so waren im Scheidungsverfahren 81,60 EUR übertragen worden. Ein Entgeltpunkt entsprach im 2. Halbjahr 2010 einer monatlichen Rente von 27,20 EUR.[40] Der Betrag erhöht sich um einen halben Entgeltpunkt, also um 13,60 EUR und damit um 16,67 %.

Auch wenn mit dem Kapitalbetrag der Rente gerechnet wird, bleibt es bei einer Änderung von 16,67 %: Der Kapitalbetrag der ursprünglich übertragenen Rentenanwartschaften in 2010 beträgt 19.105,79 EUR (3 EP x 6368,5970[41]). Dieser Kapitalbetrag erhöht sich um 3.184,30 EUR (1/2 von 6168,5070) – auch nach dieser Berechnungsweise beträgt die Änderung 16,67 %.

b) Absolute Wertgrenze

In 2010 betrug die monatliche Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV 2.555,00 EUR.[42] Der Kapitalwert der Wertänderung muss folglich 3.066,00 EUR – 120 % von 2.555,00 EUR – übersteigen. Der der Ehefrau für die Tochter zusätzlich gutzuschreibende Entgeltpunkt entspricht 2010 einem Kapitalbetrag von 6.368,60 EUR (1 EP x 6368,5970). Die Hälfte hiervon ist dem Ehemann zuzuschreiben, also ein Betrag von 3.184,30 EUR. Damit übersteigt die Änderung die absolute Wertgrenze.

Bei einer Anknüpfung an den monatlichen Rentenbetrag wäre hingegen diese Wesentlichkeitsgrenze nicht überschritten: Ein Entgeltpunkt (West) entsprach im Kalenderjahr 2010 einem aktuellen Rentenwert von monatlich 27,20 EUR. Bei nur einem Kind wären also entsprechend monatliche Anwartschaften von 13,60 EUR zu übertragen. Der Wertunterschied müsste aber einen Betrag von 25,55 EUR überschreiten.

Anders sähe es aus, wäre der Scheidungsantrag beispielsweise am 23.11.2011 zugestellt worden, endete die Ehezeit also am 31.10.2011. In 2011 betrug die monatliche Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV ebenfalls 2.555,00 EUR, der Kapitalwert der Wertänderung muss folglich erneut 3.066,00 EUR übersteigen. Der Kapitalbetrag für einen halben zusätzlich gutzuschreibenden Entgeltpunkt beläuft sich aber lediglich auf 3.011,67 EUR. Somit ist keine Abänderung möglich, da die absolute Wertgrenze nicht überschritten wird.

Letztendlich wird in jedem Einzelfall zu überprüfen sein, ob die absolute Wertgrenze bei nur einem vor 1992 geborenen Kind tatsächlich überschritten ist – in vielen Fällen dürfte dies nicht der Fall sein.[43]

Da in § 225 Abs. 3 FamFG auf § 18 Abs. 1 SGB IV verwiesen wird ohne Unterscheidung zwischen Ost und West, gilt für die absolute Wertgr...

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