Leitsatz (amtlich)

Maßgebliche Bezugsgröße für die Prüfung einer wesentlichen Wertänderung i.S.v. § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 225 Abs. 3 FamFG (hier: infolge der Neubewertung der Kindererziehungszeiten, "Mütterrente") ist bei Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung der Kapitalwert der Anwartschaft, nicht der monatliche Rentenbetrag.

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Beschluss vom 04.05.2015; Aktenzeichen Z 4 F 250/15)

AG Hainichen (Urteil vom 28.07.1999; Aktenzeichen 1 F 322/97)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Döbeln, Familiengericht, Zweigstelle Hainichen, vom 04.05.2015, Z 4 F 250/15, wie folgt abgeändert:

Das Endurteil des AG Hainichen, Familiengericht, vom 28.07.1998, Az.: 1 F 322/97, wird in Ziffer 2 der Urteilsformel abgeändert und wie folgt neu gefasst:

2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, Versicherungsnummer: Rxx, zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 10,1473 Entgeltpunkten (Ost), bezogen auf den 30.11.1997, auf das bestehende Versicherungskonto der Antragsgegnerin, Versicherungsnummer: Sxx, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Wirkung ab 01.04.2015 übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer: Sxx, ein Anrecht in Höhe von 7,3615 Entgeltpunkten (Ost) zu Gunsten des Antragstellers, bezogen auf den 30.11.1997, auf das bestehende Konto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, Versicherungsnummer: Rxx, mit Wirkung ab 01.04.2015 übertragen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.000,00 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Hinblick auf die "Mütterrente" der Antragsgegnerin.

Mit Endurteil vom 28.07.1998, rechtskräftig seit 30.09.1998, hat das AG Hainichen, Az.: 1 F 322/97, die am 18.10.1975 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden (Ziffer 1 der Urteilsformel) und den Versorgungsausgleich (Ziffer 2 der Urteilsformel) wie folgt durchgeführt:

"2. Vom Versicherungskonto Nr. Rxx des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen werden auf das Versicherungskonto Nr. Sxx der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin monatliche Rentenanwartschaften, bezogen auf den 30.11.1997, in Höhe von 137,28 EUR übertragen. Dieser Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen."

Mit Schreiben vom 12.03.2015 an das AG Döbeln hat der Antragsteller die Neuberechnung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf die "Mütterrente" beantragt, die seine geschiedene Ehefrau für die aus der Ehe hervorgegangenen beiden Kinder erhalten werde.

Das AG Döbeln hat daraufhin neue Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland und der Deutschen Rentenversicherung Bund eingeholt und mit Beschluss vom 04.05.2015, Az.: Z 4 F 250/15, den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, eine wesentliche Wertänderung des bisherigen Ausgleichswertes der Antragsgegnerin sei nicht gegeben. Denn die festzustellende Wertänderung von 6,94 EUR monatlich übersteige die maßgebende Wertgrenze von 1 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde.

Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 05.06.2015 ist darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, und dass der Erfolg des Abänderungsbegehrens davon abhängt, welcher Wert die absolute Wesentlichkeitsgrenze nach § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 225 Abs. 3 FamFG für Anrechte der vormaligen Ehegatten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmt.

Der Antragsteller hat hierauf um eine Neuberechnung des Versorgungsausgleichs gebeten. Weitere Stellungnahmen der Beteiligten sind nicht eingegangen.

II.1. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 52 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. §§ 226, 228, 58 ff. FamFG zulässig und begründet.

Auf Antrag des Antragstellers ist die Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich vom 28.07.1998 aufgrund einer wesentlichen Wertänderung abzuändern, indem die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte der vormaligen Eheleute nach §§ 9 - 19 VersAusglG geteilt werden. Eine wesentliche Wertänderung im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 225 Abs. 3 FamFG ist vorliegend gegeben.

a) Nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 22.04.2015 zu den während der Ehezeit vom 01.10.1975 bis 30.11.1997 erworbenen Anrechten der Antragsgegnerin hat diese in der allgemeinen Rentenversicherung Ost einen Ehezeitanteil von 14,7230 Entgeltpunkten (Ost) (entsprechend einer Monatsrente von 304,95 EUR) ...

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