Dauerhaft erwerbsgeminderte Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben einen Anspruch auf Grundsicherung gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII, sofern sie ihren Lebensunterhalt nicht z.B. aus ihrem Vermögen bestreiten können, § 42 Abs. 2 SGB XII. Ein Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern ist demgegenüber nachrangig, dies hat der BGH[1] ausdrücklich festgestellt. D.h. im Rahmen einer Unterhaltsberechnung gilt die Grundsicherung als Einkommen. Damit entfällt im Regelfall der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern gänzlich; anders nur, wenn das Einkommen der Eltern bei 100.000 EUR jährlich oder darüber liegt, § 43 Abs. 2 S. 1 SGB XII.

Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf[2] muss ein den unterhaltspflichtigen Vater vertretender Anwalt diesen Anspruch des Kindes auf Grundsicherung kennen und beim weiteren Vorgehen berücksichtigen. Im konkreten Fall lag zu Lasten des Kindesvaters ein Unterhaltstitel aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes vor. Der Anwalt hätte dem Vater raten müssen, mit Volljährigkeit des Kindes einen Abänderungsantrag zu stellen, gestützt auch und vor allem auf den Anspruch des Kindes auf Grundsicherung, gerichtet darauf, den Unterhaltsanspruch gänzlich entfallen zu lassen. Weiter hätte der Anwalt dem Vater raten müssen, parallel zu dem zu stellenden Abänderungsantrag den Unterhalt nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung weiter zu zahlen; schließlich hätte auch noch ein Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung empfohlen und gestellt werden müssen, da ein Titel ja vorlag.

Dabei spielt es für den Unterhaltsschuldner, welcher die Abänderung auf Null begehrt, grundsätzlich keine Rolle, ob das Kind bereits die Grundsicherung beantragt hat oder evtl. gar nicht gewillt ist, die Grundsicherung zu beantragen, um lieber weiterhin Unterhalt zu bekommen. Zu Gunsten des Unterhaltsschuldners reicht es, wenn der Anspruch des Kindes auf Grundsicherung nach Gesetz gegeben ist. Das Kind muss sich ggf. die Grundsicherung als fiktives Einkommen anrechnen lassen.

[1] Az.: XII ZR 84/04 v. 20.12.2006 = NJW-RR 2007, 1513 = FamRZ 2007, 1158.
[2] Az.: I-24 U 39/11 v. 31.1.2012 = FamRZ 2012, 1763 = FamFR 2012, 192 = FF 2012, 449 m. Anm. Günther.

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