Ehesachen

a) Liegen die Voraussetzungen sowohl der Ehescheidung als auch der Eheaufhebung vor, haben die Ehegatten die Wahl zwischen beiden Anträgen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht mutwillig. b) Beide Ehegatten trifft eine gesteigerte Pflicht, Rücklagen für die Kosten eines bereits absehbaren Eheaufhebungs- oder Scheidungsverfahrens zu bilden, wenn sie rechtsmissbräuchlich die Ehe geschlossen haben. Verfahrenskostenhilfe kann nur versagt werden, wenn ein Vermögen oder Einkommen vorhanden war, aus dem Rücklagen hätten gebildet werden können. Liegt die Eheschließung lange zurück, dürfen die Anforderungen an die Darlegung einer fehlenden Möglichkeit der Rücklagenbildung nicht überspannt werden. (OLG Braunschweig, Beschl. v. 4.1.2017 – 1 WF 241/16)

Kindesunterhalt

a) Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen. b) Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Fortführung der Senatsurt. v. 4.5.2011 – XII ZR 70/09, BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 und v. 2.10.2002 – XII ZR 346/00, FamRZ 2003, 304). c) Begehrt der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unter Hinweis auf die nunmehrige Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss grundsätzlich das volljährig gewordene Kind die gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB auf seine Eltern entfallenden jeweiligen Haftungsanteile im Abänderungsverfahren darlegen und beweisen. (BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15)

Versorgungsausgleich

  1. Ein materiell beteiligter Versorgungsträger kann sein Rechtsmittel nicht auf eine unrichtige Handhabung des § 18 VersAusglG stützen, die ausschließlich ein bei einem anderen Versorgungsträger intern auszugleichendes Anrecht betrifft [im Anschluss an die Senatsbeschl. v. 2.9.2015 – XII ZB 33/13, FamRZ 2015, 2125 und v. 9.1.2013 – XII ZB 550/11, FamRZ 2013, 612] (BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 140/16).
  2. Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte ist weder aus § 242 BGB noch aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, seine Versorgungsanrechte mit extern zu teilenden Versorgungsanrechten des anderen Ehegatten zu verrechnen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 21.10.2016 – 13 UF 111/16).
  3. a) Es stellt einen wichtigen Grund für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 21 Abs. 1 FamFG dar, wenn die verfassungskonforme Neuregelung der Bewertung der bis 31.12.2001 durch rentenferne Jahrgänge erworbenen Versorgungsansprüche durch den Versorgungsträger (hier die VBL) noch aussteht. b) Die Aussetzungsentscheidung des Senats ersetzt die in erster Instanz – wegen der unterbliebenen Aussetzung – getroffene Sachentscheidung zum Versorgungsausgleich, so dass das Verfahren wegen des Versorgungsausgleichs aufgrund der Aussetzung weiterhin beim Familiengericht anhängig ist. (OLG Bremen, Beschl. v. 16.12.2016 – 4 UF 84/16)

Sorge- und Umgangsrecht

  1. a) Zu den Voraussetzungen, unter denen im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine einstweilige Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ergehen kann, siehe BVerfG v. 6.10.2015 – 1 BvR 1571/15, BVerfGE 140, 211 (218 f). b) Der im fachgerichtlichen Sorgerechtsverfahren bestellte Verfahrensbeistand des betroffenen Kindes ist dazu befugt, Verfassungsbeschwerde einzulegen und eine Verletzung von Rechten des Kindes im eigenen Namen geltend zu machen (für den Verfahrenspfleger im Betreuungsverfahren vgl. BVerfG v. 22.5.2013 – 1 BvR 372/13, Rn 4 ff.). c) Hier: Im Rahmen der Folgenabwägung überwiegen die für eine Aussetzung des angegriffenen Beschlusses sprechenden Gründe. (aa) Erginge die eA nicht und hätte die – zulässige und nicht offensichtlich unbegründete – Verfassungsbeschwerde später Erfolg, wäre das betroffene zweijährige, erheblich vorbelastete Kind ggf. einem mehrfachen Wechsel seines häuslichen Umfeldes und seiner Bezugspersonen ausgesetzt. Zudem drohte ihm eine körperliche und seelische Beeinträchtigung. (bb) Demgegenüber wiegt die überschaubare Verzögerung der Rückkehr des Kindes in seine Ursprungsfamilie und die volle Ausübung des Elternrechts durch die leiblichen Eltern – auch mit Blick auf das Risiko einer besonderen Gefahrenlage für das Kind – weniger schwer. (BVerfG, Einstweilige Anordnung v. 5.12.2016 – 1 BvR 2569/16, juris)
  2. a) Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB setzt nicht voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht. b) § 1686 BGB kann in entsprechender Anwendung ei...

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