Zum Fortbestehen des Betreuungsunterhaltsanspruchs bei Wiederheirat gelangte man schließlich auch dann, wenn man diesen Anspruch nicht als Anspruch des betreuenden Elternteils begriffe,[29] sondern – wie vereinzelt gefordert[30] – als Anspruch des Kindes, also beim Kindesunterhalt ansiedelte. Gegen eine solche Veränderung spricht jedoch, dass sie sich nicht ohne Weiteres in das unterhaltsrechtliche System des Bürgerlichen Gesetzbuches einfügt. Mit ihr gingen grundlegende Umstrukturierungen der unterhaltsrechtlichen Vorschriften und damit erhebliche Unsicherheiten einher.[31]

Freilich soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich eines unserer Nachbarländer, die Schweiz, gegenwärtig ein solches Vorhaben auf seine Fahnen geschrieben hat.[32] Im Juli 2012 hat der Schweizer Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung und des Rechtes des Kindes auf Unterhalt verabschiedet. Er sieht eine Neufassung der Bestimmung zur Bemessung der Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes vor. Künftig sollen die Kosten der Betreuung des Kindes in die Bemessung des Unterhaltsbeitrages für das Kind einbezogen werden. Soweit das Kind die persönliche Betreuung durch einen Elternteil benötigt, sollen die hiermit verbundenen Kosten als Bestandteil des Kindesunterhalts begriffen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht.[33] Mit dem Inkrafttreten dieser Regelung würde der nacheheliche Betreuungsunterhaltsanspruch aufgehoben werden.[34]

Anlass für den Gesetzesentwurf war u.a. der Umstand, dass die Schweiz einen dem § 1615l BGB vergleichbaren Betreuungsunterhaltstatbestand für nicht miteinander verheiratete Eltern nicht kennt und damit eheliche und nichteheliche Kinder hinsichtlich der Betreuungssituation ungleich behandelt werden.[35] Anstatt auch den Eltern nichtehelicher Kinder einen (eigenen) Betreuungsunterhaltsanspruch einzuräumen, bevorzugt der Gesetzesentwurf die Lösung, den Betreuungsunterhalt bei dem Kindesunterhalt zu verorten. Dabei wird in der Gesetzesbegründung zwischen direkten und indirekten Kosten unterschieden. Die indirekten Kosten "reflektieren den Zeitaufwand der Eltern für ihre Kinder" und erscheinen etwa "in der Form eines Mindereinkommens aus Arbeitserwerb".[36]

[29] So die geltenden Rechtslage: BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn 88.
[30] Puls, FamRZ 1998, 865, 869 m.w.N; Schwenzer, Brühler Schriften zum Familienrecht (2008), 17. DFGT, S. 27, 40.
[31] A.A. Puls, FamRZ 1998, 865, 869.
[32] Wohl in Anlehnung an Schwenzer, Brühler Schriften zum Familienrecht (2008), 17. DFGT, S. 27, 40.
[33] Eingehend Menne, FF 2012, 487, 491 m.w.N.
[34] Menne, FF 2012, 487, 492.
[35] Vgl. Erläuternder Bericht zum Vernehmlassungsentwurf zur Änderung des Zivilgesetzbuches, der Zivilprozessordnung und des Zuständigkeitsgesetzes von Juli 2012, S. 2, 9, 17 f., Quelle: www.bj.admin.ch (Stand 14. Oktober 2013).
[36] Vgl. Erläuternder Bericht zum Vernehmlassungsentwurf (Fn 35), S. 17.

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