Darüber hinaus kann eine Folgesache auch dann vom Verbund abgetrennt werden, wenn sich der Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte für den Ehegatten darstellen würde, der die Abtrennung beantragt. Die Norm gilt für alle Folgesachen.[68]

Der erforderliche Antrag eines Ehegatten unterliegt gemäß §§ 140 Abs. 5114 Abs. 4 Nr. 4 FamFG, § 78 Abs. 3 ZPO nicht dem Anwaltszwang.[69] Auch wenn beide Ehegatten die Abtrennung beantragen, muss das Gericht die Voraussetzungen nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG prüfen.[70]

Ob ein Gericht von der Möglichkeit einer Vorabentscheidung nach § 140 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 FamFG Gebrauch macht, steht zwar in seinem Ermessen. Voraussetzung für die Abtrennung ist allerdings das kumulative Vorliegen einer außergewöhnlichen Verzögerung des Scheidungsausspruchs und einer unzumutbaren Härte für den die Abtrennung begehrenden Ehegatten. Die Vorschrift ist als Ausnahmeregelung[71] eng auszulegen.[72]

In tatsächlicher Hinsicht sind bei der Abwägung zugunsten einer Abtrennung nur die von dem die Abtrennung begehrenden Ehegatten vorgebrachten Tatsachen zu berücksichtigen. Das Gericht hat auch nach einem Abtrennungsantrag nicht von Amts wegen die eine Abtrennung ermöglichenden Umstände zu ermitteln.[73] Die Pflicht zur Amtsermittlung nach § 127 Abs. 1 FamFG besteht nur im Rahmen des Verfahrensgegenstandes, wovon die Abtrennungsfrage nicht umfasst wird.

Darüber hinaus darf das Gericht seiner Entscheidung nur feststehende Dinge zugrunde legen. Wegen des Charakters des § 140 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 FamFG als Ausnahmevorschrift gehen dabei in Bezug auf Tatsachen verbleibende Zweifel zulasten desjenigen Ehegatten, der die Abtrennung beantragt. Denn dieser ist für das Vorliegen einer unbilligen Härte darlegungs- und nachweispflichtig.[74]

[68] Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 140 FamFG, Rn 8.
[69] Keidel/Weber, 19. Aufl. 2017, § 140 FamFG, Rn 15.
[70] Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 2017, § 140 FamFG Rn 24 m.w.N.
[71] Roßmann, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2016, § 140 Rn 37.

a) Außergewöhnliche Verzögerung

Erforderlich ist also weiter die Feststellung, dass die gleichzeitige Entscheidung der Folgesache, um deren Abtrennung es geht, den Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögern würde. Es gilt weiterhin[75] die Rechtsprechung des BGH,[76] nach der eine außergewöhnliche Verzögerung des Scheidungsverfahrens zu bejahen ist, wenn seine Dauer ab Rechtshängigkeit mehr als zwei Jahre beträgt. Diese Zweijahresfrist beginnt nach Maßgabe des § 140 Abs. 4 S. 1 FamFG nach Ablauf des Trennungsjahres, wobei Zeiten, in denen das Verfahren ausgesetzt war, geruht hat oder nicht betrieben worden ist, nicht zählen.[77]

Außergewöhnlich können Verzögerungen auch dann sein, wenn sie auf einer Überlastung des Familiengerichts, einem oder mehreren Sachverständigengutachten oder der Verweigerung von Auskünften beruhen bzw. durch das unnötig späte Anhängigmachen von Folgesachen[78] oder die Einholung einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung (Art. 100 GG) zustande kommen.[79]

Der die Abtrennung Begehrende darf aber nicht seinerseits die Entscheidung über die Folgesache verzögert haben.[80]

[75] BT-Drucks 16/6308, 231; Keidel/Weber, 17. Aufl., § 140 FamFG, Rn 10.
[76] BGH FamRZ 1991, 687.
[77] Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 140 FamFG, Rn 8; OLG Koblenz v. 2.4.2014 – 13 UF 737/13, FamRZ 2014, 1808.
[78] OLG Karlsruhe FamRZ 79, 725.
[79] Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 140 FamFG, Rn 8.
[80] Keidel/Weber, 17. Aufl., § 140 FamFG, Rn 11 m.w.N.

b) Unzumutbare Härte

Darüber hinaus muss der weitere Aufschub des Scheidungsausspruchs für den die Abtrennung Begehrenden neben der außergewöhnlichen Verzögerung eine unzumutbare Härte darstellen.[81]

Teilweise wird aus einer sehr langen Verfahrensdauer und der damit verbundenen Verzögerung isoliert betrachtet ohne Weiteres eine unzumutbare Härte hergeleitet.[82] Überwiegend wird allerdings ein Wirkungszusammenhang zwischen den beiden Tatbestandsmerkmalen verlangt: Die Auflösung des Verbundes soll davon abhängen, dass zum einen der Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögert würde und daraus zum anderen eine unzumutbare Härte folgen würde.[83] Allein aus der Dauer des Verfahrens ist nicht auf eine unzumutbare Härte zu schließen,[84] soweit es sich nicht in Einzelfällen um eine "ganz außergewöhnliche Verzögerung" handelt.[85] Die Anforderungen an die Annahme einer unbilligen Härte sinken allerdings mit zunehmender Verfahrensdauer.[86]

Allein eine unzumutbare Härte ohne Verzögerung genügt ebenfalls nicht.[87]

Um eine unzumutbare Härte bejahen zu können, muss das Interesse des die Abtrennung beantragenden Ehegatten an der sofortigen Scheidung dasjenige des anderen Ehegatten an einer umfassenden Verbu...

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