Steht dem Mandanten nach den vorangestellten Ausführungen noch ein Pensionistenprivileg zu und steht der Mandant kurz vor dem Eintritt in das Pensionsalter, sollte das Scheidungsverfahren erst eingeleitet werden, wenn erwartet werden kann, dass bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich die Pensionierung bereits erfolgt ist.[66]

Läuft das Scheidungsverfahren bereits, so sollten alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten dafür genutzt werden, dass über den Versorgungsausgleich erst nach der Pensionierung entschieden wird. Gegebenenfalls muss dann sogar gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt werden, wenn zu erwarten ist, dass während des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem OLG die Pensionierung erfolgt.

Im Übrigen ist zu überlegen, ob der Mandant die Pension vorzeitig in Anspruch nimmt. Hat er die Möglichkeit dazu, vermindert sich zwar dadurch regelmäßig seine Pension (um 0,3 % je Monat vorzeitigen Pensionsbeginns, § 14 Abs. 3 BeamtVG). Jedoch wird gerade der mit dem jeweiligen Pensionärsprivileg verbundene ungekürzte Bezug der Pension dies regelmäßig ausgleichen. Dieses Vorgehen ist insbesondere dann angezeigt, wenn zwischen den Ehegatten ein großer Altersunterschied besteht und der andere Ehegatte noch längere Zeit bis zum (altersbedingten) Renteneintritt hat. Denn der Versorgungsausgleich wirkt sich in diesem Fall erst dann aus, wenn der andere Ehegatte seinerseits (Alters)Rente bezieht.

Der vorzeitige Pensionseintritt kann aber aus unterhaltsrechtlicher Sicht problematisch sein. Ist der Mandant dem anderen Ehegatten z.B. zur Leistung von Ehegattenunterhalt verpflichtet, so ist er nicht ohne Weiteres berechtigt, in den vorgezogenen Ruhestand zu gehen. Die damit verbundene Einkommensminderung muss der Unterhaltsberechtigte nur dann gegen sich gelten lassen, wenn dafür beachtenswerte Gründe vorliegen, anderenfalls liegt ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten vor.[67] Wird der Unterhaltsverpflichtete dann mit seinem vorher erzielten Erwerbseinkommen fingiert, muss abgewogen werden, ob der Vorteil der Nichtberücksichtigung des Versorgungsausgleichs die dann höher ausfallende Unterhaltszahlung kompensiert. Dabei ist zu beachten, dass dem Unterhaltspflichtigen ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug von Altersrente sogar fiktiv eine Pension in der Höhe zuzuschreiben ist, in der er sie bezöge, hätte er nicht die vorzeitige Pensionierung in Anspruch genommen.[68]

Kompliziert wird diese schon als solche schwierige Abwägung noch durch die weitere Frage, ob nicht in diesen Fällen das Unterhaltsprivileg des § 33 VersAusglG dem Mandanten weiterhilft. Das Unterhaltsprivileg führt aber nur zu einer abgestuften (teilweisen) Anpassung des Versorgungsausgleichs (vgl. § 33 Abs. 3 VersAusglG), wohingegen das Pensionistenprivileg hinsichtlich der Pension (aber auch nur hinsichtlich dieser!) den Versorgungsausgleich gänzlich aussetzt. Gerade bei hohen Ehezeitwerten von Pensionen wird deshalb die eventuelle Möglichkeit der Frühpensionierung vorzugswürdig sein; entfällt später das Pensionistenprivileg, bleibt dem Mandanten immer noch das Anpassungsverfahren nach §§ 33 f. VersAusglG.

[66] Vgl. solche Erwägungen bereits Götsche, FuR 2014, 510, 515.
[67] BGH NJW-RR 2004, 505, 506; vgl. aber auch Hauß, FamRB 2014, 264 f.

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