Anm. der Red.: Die Entscheidung ist abgedr. in FamRZ 2021, 1375 m. Anm. Keuter S. 1380, und Sanders S. 1381).

Anmerkung

I. Gegenstand der Entscheidung und Kontext

Gegenstand der Entscheidung und Kontext

Die Entscheidung des BGH vom 16.6.2021 stellt die zweite höchstrichterliche Entscheidung zu § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB dar.[1] Die Norm ist durch das Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4.7.2013[2] geschaffen worden. Vor dieser Reform wurde ein Umgangsrecht des leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters von der Literatur aus § 1685 Abs. 2 BGB hergeleitet.[3] §1686a BGB wurde auf Druck einer Entscheidung des EGMR eingeführt, die eine diesbezügliche Stärkung der Rechte des leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters eingefordert hatte.[4]

Der BGH gab im vorliegenden Fall der Rechtsbeschwerde statt und wies unter Aufhebung der Entscheidung des KG den Fall zurück an dieses.

II. Die Fallkonstellation

Der BGH hatte über den Spezialfall des Umgangsrechts eines leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters zu entscheiden, dessen Vaterschaft auf einer privaten Samenspende beruht. Dieser "private" Samenspender hatte den BGH bereits im Rahmen der Vaterschaftsanfechtung[5] und der Erforderlichkeit einer Einwilligungserklärung in die Adoption[6] beschäftigt und in beiden Fällen stärkte der BGH dessen Rechte. Im vorliegenden Fall kam als Besonderheit des Weiteren hinzu, dass die Elternschaft des zweiten Elternteils neben der Mutter über deren eingetragene Lebenspartnerin im Wege der Stiefkindadoption begründet worden war.

III. Die Rechtsprobleme und die Lösungen des BGH

Das wohl zentrale Rechtsproblem des Falles war, dass die rechtliche Elternschaft der eingetragenen Lebenspartnerin der Mutter durch eine (Stiefkind)adoption herbeigeführt wurde. Der Gesetzgeber hatte für den Fall des "Verlustes der rechtlichen Vaterschaft durch Adoption" in der Gesetzesbegründung nämlich ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters dezidiert ausgeschlossen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass mit der Adoption ein aktiver Verzicht auf die Elternrechte einhergeht (§ 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB) und der Gesetzgeber grundsätzlich eine Vollvaterschaft anstrebt und eine "Vaterschaft light", mit lediglich einem Umgangsrecht, aber keinen weiteren Pflichten, vermeiden wollte. Außerdem sollten gerade dem Samenspender keine Rechte aus § 1686a BGB zustehen.[7] Nun lag im vorliegenden Fall allerdings nie eine rechtliche Vaterschaft des leiblichen Vaters vor, wenngleich die Adoption, – wie es der BGH auch im Falle des privaten Samenspenders für notwendig erachtet hat[8] – schon mit dessen Einwilligung nach § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB erfolgte.

Der BGH bestätigt zwar, dass in einer Einwilligung in eine Adoption auch ein Verzicht auf das Umgangsrecht nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB liegen könne. Dieses könne jedoch nicht im Falle einer privaten Samenspende – wie regelmäßig bei einer anonymen Samenspende – pauschal angenommen werden, sondern nur nach Maßgabe des Einzelfalles. Der BGH stellt klar, dass ohne aktive Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption niemals ein Verzicht auf das Umgangsrecht angenommen werden könne, auch wenn die Adoption letztlich trotzdem erfolgt. Bei Einwilligung des privaten Samenspenders in die Adoption müsse ein solcher Verzicht dann aber auch auf das Umgangsrecht klar und nachweisbar zum Ausdruck kommen. Im vorliegenden Fall war dies wegen der dezidierten Absprache, dass das Kind Kontakt zum Vater behalten sollte und den daran anschließenden Umgangskontakten nicht der Fall.

1. Die Argumentation des BGH betrifft zunächst den nicht entgegenstehenden Wortlaut des § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB, der den Umgang trotz Adoption zulasse. Zudem werde aufgrund des Wortlauts deutlich, dass die Verhinderung des Umgangs in diesen Fällen "kein tragendes Gesetzesmotiv" sei. Zum Zweiten sei das Umgangsrecht kein Recht, welches zwingend mit dem Elternrecht verbunden sei, was auch § 1685 Abs. 2 BGB und § 1686a BGB selbst zeigen. Es könne daher selbst bei Verzicht auf das Elternrecht bestehen bleiben. Der BGH beruft sich dabei auch auf obergerichtliche Rechtsprechung im Falle der assistierten Zeugung, nach der auch trotz angenommenen Verzichts auf das Elternrecht in diesen Fällen kein Verzicht auf das Umgangsrecht des leiblichen Vaters unterstellt werde, was hier eine vergleichbare Konstellation sei. Ein drittes Argument zieht der BGH aus der Gesetzesbegründung zu § 1686a BGB heran. Dort heißt es, dass ein leiblicher Vater, der mangels sozial-familiärer Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vaters nach § 1600 Abs. 2 BGB eigentlich dessen Vaterschaft anfechten und so zu einem Umgangsrecht nach § 1684 BGB kommen könne, trotz der vom Gesetzgeber unerwünschten "Vaterschaft light", ein Umgangsrecht nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB zustehen soll. Dem Kind solle nach Auffassung des Gesetzgebers in diesem Fall nämlich nicht der bisherige rechtliche Vater genommen werden müssen, nur damit ein Umgangsrecht für den leiblichen Vater nach § 1684 BGB entstehe (K...

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