Im Rückblick kann die Regelung des Betreuungsunterhalts in der DDR, insgesamt betrachtet, kaum befriedigen: Die familienfeindliche, rigide Strenge der Regelungen und die fehlende Möglichkeit für den betreuenden Elternteil, selbst darüber entscheiden zu können, ob das eigene Kind in den ersten Jahren selbst oder fremdbetreut werden soll, sind mit einem an der Freiheit des Individuums orientierten Rechtsverständnis kaum in Einklang zu bringen. Aus dem gleichen Grund befremdet es, dass scheidungswilligen Ehegatten die Möglichkeit verwehrt wurde, sich an einen Notar zu wenden und eine den eigenen Vorstellungen und Wünschen gerecht werdende Unterhaltsvereinbarung auszuhandeln.

Ungeachtet aller Kritik ist aber auch zu bedenken, dass von den Gerichten trotz des engen gesetzlichen Rahmens im Einzelfall gleichwohl Rechtsfragen zu lösen waren, die auch heute noch die Diskussion um den Betreuungsunterhalt mitbestimmen. Zu denken ist beispielsweise an die Frage nach der Betreuung des Kindes durch den anderen, unterhaltspflichtigen Elternteil, an die Frage, wie eine unzumutbare Doppelbelastung des betreuenden Elternteils durch Erwerbstätigkeit neben der Kindererziehung verhindert werden kann oder schließlich die Probleme, die die Pflege und Erziehung behinderter Kinder aufwerfen:[113] Dies unterstreicht einmal mehr, dass dem Unterhaltsanspruch wegen der Notwendigkeit, das gemeinsame Kind zu pflegen oder zu erziehen, innerhalb des Unterhaltsrechts – ungeachtet der unterschiedlichen, ideologisch bedingten normativen Ausgestaltung – stets eine besondere Rolle zukommt.

Bei dem Aufsatz handelt es sich um die etwas gekürzte Fassung eines Beitrags, der erstmals unter dem Titel "Rückblick: Betreuungsunterhalt nach dem Familiengesetzbuch der DDR" veröffentlicht worden ist in der im Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln, erschienenen, von den ostdeutschen Notarkammern, Notarverbänden und der Ländernotarkasse A.d.ö.R. herausgegebenen Festschrift "25 Jahre freiberufliches Notariat in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen", 2015, S. 251–282.

Herausgebern und Verlag wird für die Abdruckgenehmigung gedankt.

Autor: Dr. Martin Menne , Richter am Kammergericht, Berlin

FF 11/2016, S. 428 - 441

[113] Vgl. oben, Fn 86 und Text bei III.3 sowie zu den Ansätzen zur Lösung dieser Probleme nach dem BGB Menne, in: Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. 2015, § 1570 Rn 29, 32, 24, 10, 6.

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