Soweit ein Kind einen von den Tabellenwerten abweichenden Bedarf geltend machen möchte, muss es dann natürlich nicht nur das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und damit dessen Leistungsfähigkeit nachweisen, sondern es muss auch seinen eigenen Bedarf konkret darlegen und beweisen. Da keine übertriebenen Anforderungen an die Darlegungslast gestellt werden sollten, empfiehlt es sich, bei der Darlegung des konkreten Bedarfes auf die der Düsseldorfer zugrunde liegenden Erfahrungswerte zu beziehen und die Abweichungen von den Tabellensätzen anhand eines Vergleiches mit den in § 6 RBEG aufgelisteten Verbrauchspositionen zu führen, hochgerechnet auf den nach den Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen geschuldeten Tabellenunterhalt.

Danach sind die in § 6 RBEG aufgelisteten Verbrauchspositionen (s.o.) zunächst in Relation zu setzen zu dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe. Dabei ist der Wohnbedarf, welcher in Höhe von 20 % in dem jeweiligen Wert der Düsseldorfer Tabelle ist, herauszurechnen. Die sich daraus ergebenden Werte sind hochzurechnen mit dem Prozentsatz des nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldeten Unterhalts.[15]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Kind 1, geboren am 1.5.2011

Einkommen des Unterhaltspflichtigen 5.400,00 EUR

Geschuldet wären damit nach der Düsseldorfer Tabelle 160 % des Mindestunterhalts.

Der betreuende Elternteil macht einen höheren Wohnbedarf für das Kind geltend. Die Kaltmiete beträgt für 100 qm 1.250,00 EUR. Ferner macht der betreuende Elternteil höhere Kleidungskosten in Höhe von jährlich 1.200,00 EUR und Urlaubskosten in Höhe von 1.200,00 EUR jährlich geltend.

Die Bedarfspositionen verteilen sich dabei wie folgt:

 
2020

6-13 Jahre

RBEG
Prozentsatz Mindestunterhalt

160 % des

Mindestunterhalts
Abteilung 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke) 124,43 EUR 32,32 % 137,03 EUR 219,26 EUR
Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe) 45,74 EUR 11,88 % 50,37 EUR 80,60 EUR
Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung) 16,60 EUR 4,31 % 18,28 EUR 29,25 EUR

Abteilung 5 (Innenausstattung,

Haushaltsgeräte und -gegenstände)
10,10 EUR 2,62 % 11,12 EUR 17,80 EUR
Abteilung 6 (Gesundheitspflege) 7,73 EUR 2,01 % 8,51 EUR 13,62 EUR
Abteilung 7 (Verkehr) 28,98 EUR 7,53 % 31,92 EUR 51,07 EUR
Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) 14,88 EUR 3,86 % 16,39 EUR 26,22 EUR
Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) 43,92 EUR 11,41 % 48,37 EUR 77,39 EUR
Abteilung 10 (Bildung) 0,55 EUR 0,14 % 0,61 EUR 0,97 EUR
Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) 5,21 EUR 1,35 % 5,74 EUR 9,18 EUR
Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen) 9,89 EUR 2,57 % 10,89 EUR 17,43 EUR
Gesamt 308,00 EUR 80,01 % 339,23 EUR 542,77 EUR
Tabellenunterhalt 424,00 EUR     679,00 EUR
abzgl. 20 % Wohnbedarf 84,80 EUR     135,80 EUR
Summe 339,20 EUR     543,20 EUR

Aus diesen Bedarfssätzen ergibt sich, dass für die Bedarfsposition Kleidung monatlich 80,60 EUR vorgesehen ist, für die Position Freizeit und Urlaub (Abteilung 9) 77,39 EUR monatlich und für den Wohnbedarf 135,80 EUR. Damit decken die Bedarfssätze nicht den von dem betreuenden Elternteil vorgetragenen erhöhten Bedarf.

Bei der Bedarfsposition "Wohnen" kann entweder detailliert vorgetragen werden, wie groß das dem Kind zur Verfügung gestellte Kinderzimmer ist und welchen Anteil es an den weiteren Räumen der Wohnung hat. Vereinfachend kann natürlich auch der dem Kind zugerechnete Mindestbedarf von 12 qm hochgerechnet werden mit dem Prozentsatz des nach der Tabelle geschuldeten Kindesunterhalts. Dies wären hier 12 qm * 160 % = 19 qm.

Der nachgewiesene Quadratmeterpreis in dem vorstehenden Beispiel beträgt 12,50 EUR, so dass der konkrete Wohnbedarf des Kindes 240,00 EUR beträgt. Der nicht gedeckte Wohnbedarf beträgt somit 240,00 EUR – 135,80 EUR = 104,20 EUR.

Ferner ist vorzutragen, wie groß das Kinderzimmer während des Zusammenlebens mit dem Unterhaltspflichtigen gewesen ist. Denn die Wohnbedürfnisse eines Kindes verändern sich nicht durch die Trennung der Eltern.[16]

Gerade hinsichtlich der Verbrauchsposition Wohnbedarf ist praxisrelevant und damit auch wichtig für den Vortrag zur Angemessenheit des erhöhten Bedarfes, dass nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes von den Konsumausgaben für Kinder mittlerweile rund 30 % zur Deckung des Wohnbedarfes der Kinder verwendet werden.[17]

In den Werten der Düsseldorfer Tabelle sind aber nur 20 % des ausgewiesenen Elementarunterhalts zur Deckung des Wohnbedarfes vorgesehen.[18]

Bei der Bedarfsposition "Urlaub" ist wäre vorzutragen, wie viele Urlaube pro Jahr mit dem eingeforderten Unterhaltsbetrag finanziert wurden bzw. werden sollten und wie hoch die jeweiligen Kosten sind. Bei dieser Position "Urlaub" ist zu berücksichtigen, dass nach wie vor viele Reiseanbieter Kinderpreise erst anbieten bei Belegung eines Hotelzimmers etc. mit mindestens 2 Erwachsenen, so dass Kinder oftmals bei dem Verreisen mit einem Elternteil den Preis eines Erwachsenen zahlen müssen.

Hier im Beispielsfall weicht...

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