Einführung

Seit drei Jahren ist das neue Recht der elterlichen Sorge bei nicht verheirateten Eltern in Kraft. Seitdem ist es ruhig geworden in der juristischen Debatte um die Konstruktion der elterlichen Sorge bei nichtehelichen Eltern. Keine spektakulären Entscheidungen mehr aus Karlsruhe und auch nicht aus Straßburg. Auch eine erstinstanzliche Verfahrensflut ist ausgeblieben. Die Diskussionen in der obergerichtlichen Rechtsprechung zentrieren sich auf die dogmatische Diskussion, ob und wo der Gesetzgeber nun ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zur gemeinsamen elterlichen Sorge konstituiert hat. Nach drei Jahren obergerichtlicher Rechtsprechung lassen sich außerdem Fallgruppen herausbilden, in welchen eine gemeinsame elterliche Sorge angeordnet wird und wann die Entscheidung zur Alleinsorge der Mutter führt.

I. Sorgeerklärung

Gemäß § 1626a BGB kann die gemeinsame elterliche Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern auf drei unterschiedliche Arten und Weisen begründet werden:

durch Sorgeerklärung
durch Eheschließung
durch Übertragung des Gerichtes.

Sorgeerklärungen sind höchstpersönliche Erklärungen (§ 1627 BGB). Sie müssen öffentlich beurkundet werden (§ 1626d BGB). Durch eine Sorgeerklärung können die Eltern das Recht der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind nur insgesamt regeln. Eine Beschränkung auf Teilbereiche der elterlichen Sorge ist bei einer Sorgeerklärung, anders als bei einer gerichtlichen Entscheidung, nicht möglich. Daraus resultiert die Diskussion, ob durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich die Eltern in der Lage sind, nur Teilbereiche der elterlichen Sorge einvernehmlich zu regeln. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass die Sorgeerklärung die elterliche Sorge nur insgesamt regeln kann, es gilt das "alles oder nichts"-Prinzip.[1] Nach einer anderen Meinung soll es auch zulässig sein, eine Sorgeerklärung auf partielle Teilbereiche zu beschränken, da das Gesetz an anderer Stelle, etwa in §§ 1671, 1672 BGB, den Eltern ein Gestaltungsrecht einräumt.[2] Das OLG Nürnberg ist der herrschenden Meinung gefolgt mit der Begründung, dass weder dem Wortlaut der Norm noch dem Willen des Gesetzgebers die Befugnis entnommen werden kann, dass Eltern berechtigt sind, nur Teilbereiche der elterlichen Sorge durch Sorgeerklärung zu regeln.[3] Allerdings hat das OLG Nürnberg in dieser Entscheidung den Eltern die Möglichkeit eingeräumt, in einem gerichtlichen Verfahren durch Elternvereinbarung, die durch Beschluss des Gerichtes gebilligt wird, das Sorgerecht nur in Teilbereichen zu regeln. Es begründet seine Auffassung damit, dass der Genehmigungsbeschluss des Gerichtes den Erfordernissen einer gerichtlichen Entscheidung genügt. Der Tatsache, dass das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, dass das Sorgerecht auch durch eine gerichtlich genehmigte Elternvereinbarung konstitutiv zu ändern ist, misst der Senat insoweit nicht die entscheidende Bedeutung zu, dass daraus zu schließen wäre, dass lediglich einer gerichtlichen Entscheidung, deren Tenor die Änderung oder Begründung eines sorgerechtlichen Status ausspricht, Wirksamkeit zukommt. Diese Entscheidung steht in Widerspruch zur Entscheidung des OLG Köln.[4] Auch in der Literatur ist die Entscheidung unter Verweis auf den Wortlaut des Gesetzes zu Recht kritisiert worden.[5] Anders als bei einer Umgangsregelung kann die konstitutive Wirkung der Übertragung des Sorgerechtes nur durch eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Insoweit unterscheidet sich die Abgabe übereinstimmender Sorgeerklärungen vom Abschluss eines Vergleiches in einem gerichtlichen Verfahren. Die Sorgeerklärungen sind konkret und gesondert gesetzlich geregelt, auch ihr Inhalt unterliegt nicht der Dispositionsbefugnis der Eltern.

[1] Palandt/Götz, § 1626a Rn 16.
[2] Staudinger/Coester, § 1626a Rn 59.
[3] OLG Nürnberg FamRZ 2014, 854; juris-PK BGB/Hamdan, § 1626a Rn 49.
[4] OLG Köln FamRZ 2013, 214.
[5] DIJUF JAmt 2014, 275.

II. Übertragung des Gerichtes

Durch das Gesetz zur Neuregelung der elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern neu geschaffen ist die Möglichkeit, durch gerichtliche Entscheidung die gemeinsame elterliche Sorge zu begründen. Dies beinhaltet nicht nur die Befugnisse des Gerichtes, die elterliche Sorge insgesamt auf die Eltern gemeinsam zu übertragen, sondern auch die Befugnis, Teilbereiche zu regeln. Somit obliegt dem Gericht die Prüfung, ob, wenn in Teilbereichen der elterlichen Sorge eine gemeinsame Sorge nicht möglich erscheint, jedenfalls in den restlichen Bereichen eine gemeinsame elterliche Sorge möglich ist. So kann das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil übertragen werden, wenn der Aufenthaltsort des Kindes streitig ist, in den restlichen Bereichen der elterlichen Sorge jedoch nichts gegen die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge spricht.[6]

Während es bei der Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch Eheschließung der Eltern keinerlei spektakuläre Entscheidungen gab, die auch nicht zu erwarten waren, beschäftigt sich der weitaus größte Teil der Entscheidungen mit der Begrün...

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