Gründe: [1] Die Verfassungsbeschwerde betrifft den längerfristigen Ausschluss des Umgangsrechts.

I. [2] Der Beschwerdeführer ist Vater von drei im Oktober 2010, im März 2012 sowie im Dezember 2017 geborenen Kindern, die aus der mittlerweile geschiedenen Ehe mit deren Mutter hervorgegangen sind.

[3] Ende März 2019 hatte der Beschwerdeführer sein ältestes, damals 9-jähriges Kind erheblich sexuell missbraucht. Das auf eine Selbstanzeige des Beschwerdeführers eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, weil nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens eine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit (vgl. § 20 StGB) des Beschwerdeführers bei Begehung der Tat nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Mutter verließ nach der Tat mit den Kindern den Beschwerdeführer. Seitdem hat er keinen Kontakt mehr zu diesen.

[4] Im hier zugrundeliegenden Ausgangsverfahren hatte das Familiengericht den Umgang des Beschwerdeführers mit seinen beiden älteren Kindern bis zum 31.7.2023 ausgeschlossen und für das jüngste Kind eine befristete Umgangspflegschaft sowie einen monatlich stattfindenden zweistündigen Umgang des Beschwerdeführers in Anwesenheit der Umgangspflegerin angeordnet. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers, der Mutter und der für die Kinder bestellten Verfahrensbeiständin hin änderte das Oberlandesgericht die amtsgerichtliche Entscheidung unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen mit angegriffenem Beschl. v. 22.11.2022 ab und schloss den Umgang des Beschwerdeführers mit allen drei Kindern auf der Grundlage von § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB bis zum 31.12.2024 aus. Ohne den Ausschluss wäre die geistig-seelische Entwicklung der Kinder konkret gefährdet. Für die beiden älteren Kinder ergebe sich dies vor allem daraus, dass sie seit längerer Zeit Umgangskontakte nachhaltig ablehnten. Der entsprechende Wille sei auch beachtlich. Insbesondere bei dem ältesten Kind sei angesichts dessen mit der Person des Beschwerdeführers verbundener Traumafolgenstörung besonders wichtig, selbst über Kontakte entscheiden zu können, weil anderenfalls Ohnmachts- und Hilflosigkeitsgefühle drohten. Für das jüngste Kind würden allein von ihm wahrzunehmende Umgangskontakte bei vehementer Ablehnung solcher durch die älteren Geschwister eine sehr schwierige Situation herbeiführen. Es sei zu erwarten, dass es die von seinen Geschwistern kommunizierten Ängste vor Umgängen mit dem Beschwerdeführer übernehmen und dadurch ganz erheblich belastet würde. Da die beiden älteren Kinder zudem auch Umgänge des jüngsten Kindes mit dem Beschwerdeführer ablehnten und deren eventuelle Durchführung bei ihnen große Ängste und Sorgen verursache, wirkten sich solche Umgänge auch auf ihr Wohl erheblich nachteilig aus.

[5] Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verletzt.

II. [6] Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor.

[7] Der angeordnete längerfristige Umgangsausschluss hält trotz des bereits seit Ende März 2019 fehlenden Kontakts des Beschwerdeführers zu seinen Kindern den verfassungsrechtlichen Anforderungen (zu diesen BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 16.6.2021 – 1 BvR 709/21, Rn 9 f. und v. 25.5.2022 – 1 BvR 326/22, Rn 13; Beschl. der 3. Kammer des Ersten Senats v. 27.12.2022 – 1 BvR 1943/22, Rn 13 ff. und v. 20.1.2023 – 1 BvR 2345/22, Rn 10 jeweils m.w.N.) auch unter Berücksichtigung der aus Art. 8 Abs. 1 EMRK folgenden Gewährleistungen (vgl. dazu EGMR, H. v. Deutschland, Entscheidung v. 17.5.2011, Nr. 9732/10, §§ 27 ff.) noch stand. Der Beschwerdeführer ist nicht in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verletzt.

[8] Ausgehend von den dem Verfassungsrecht entsprechenden Voraussetzungen von § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB (vgl. BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 25.5.2022 – 1 BvR 326/22, Rn 13) hat das Oberlandesgericht den längerfristigen Umgangsausschluss auf eine bei Durchführung von Umgängen eintretende Gefährdung des Wohls aller drei Kinder gestützt. Die drohenden Kindeswohlgefährdungen hat es dabei zwischen den Kindern differenzierend nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit noch hinreichend konkret benannt. Für die entsprechenden Feststellungen kann es sich vor allem mit dem bereits durch das Familiengericht eingeholten psychologischen Sachverständigengutachten, der mündlichen Erläuterung dieses Gutachtens vor dem Oberlandesgericht selbst sowie der Anhörung der Verfahrensbeiständin und des Jugendamtes auf eine hinreichend zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl ausgerichtete Entscheidung stützen (vgl. BVerfGE 55, 171 <182>).

[9] Die Ausgestaltung des fachgerichtlichen Verfahrens durch das Oberlandesgericht lässt auch ansonsten keine Mängel erkennen, die an der Eignung und Angemessenheit zur wirkungsvollen Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen (vgl. BVerfGE 84, 34 <49>) zweifeln ließen...

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