Im Anwendungsbereich von § 14b FamFG wird zwischen bei Gericht schriftlich einzureichenden Anträgen und Erklärungen (§ 14b Abs. 1 FamFG) und sonstigen Anträgen und Erklärungen (§ 14b Abs. 2 FamFG) differenziert. Während für bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen eine aktive Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr besteht (§ 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG), existiert in Bezug auf andere Anträge und Erklärungen nur eine Soll-Vorschrift (§ 14b Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die Fassung als Soll-Vorschrift verfolgt u.a. den Zweck, bei Vorliegen besonderer Umstände auch nicht-elektronische Formen der Antragstellung zu ermöglichen. Die Gerichte würden "dadurch – gerade im Bereitschaftsdienst – von der im Einzelfall möglicherweise umfangreichen und zeitaufwändigen Prüfung befreit, ob der Antragsteller zu den von der Nutzungspflicht des § 14b FamFG umfassten Personen gehört und der Antrag in der gestellten Form zulässig ist."[58] Freilich bietet es sich auch im Anwendungsbereich dieser Soll-Vorschrift an, von vornherein ein elektronisches Dokument einzureichen.[59] Denn bei einer Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften, ist auf Anforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen.[60] Dies führt im Workflow des Einreichenden potentiell zu einem doppelten Aufwand, der bei einer elektronischen Einreichung vermieden werden kann.[61]

Hinzu tritt, dass Landesgesetzgeber dazu übergehen, auf dem Feld der konkurrierenden Gesetzgebung schärfere Formvorschriften aufzustellen. So hat Schleswig-Holstein in § 8 Abs. 1 PsychHG S.-H. normiert, dass ein Antrag auf vorläufige Unterbringung nur auf schriftlichen Antrag hin angeordnet werden kann, was in Verbindung mit § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG zu einer Verpflichtung führen soll, den Antrag als elektronisches Dokument zu übermitteln.[62] Gegen einen solchen Automatismus wird angeführt, dass aus Sicht des Gesetzgebers im Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG nur verfahrensrechtliche Formvorschriften maßgeblich sein sollten. Materiell-rechtliche Formvorschriften hingegen sollten den Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht eröffnen.[63] Dadurch, dass mit dem FamFG ein vollständiges Gesetz vorliege, das alle Verfahrensfragen regele, hätten die Länder für die Frage des gerichtlichen Verfahrens in Unterbringungssachen schon keine Gesetzgebungskompetenz mehr.[64] In diesem Sinne wird vertreten, dass sich § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG lediglich auf im FamFG vorgesehene Schriftformerfordernisse beziehe.[65] Im Sinne eines differenzierten Ansatzes wird vorgetragen, dass sich die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften nur auf die antragstellenden Behörden bezögen. Die Vorschriften regelten demnach nicht das gerichtliche Verfahren, sondern nur das Vorgehen der antragstellenden Behörde.[66] Unabhängig von dieser Kontroverse dürfte nach dem Prinzip des sichersten Weges eine elektronische Einreichung zu empfehlen sein.[67]

[58] BT-Drucks 19/28399 S. 40.
[59] So auch Hagemann, ZNotP 2022, 257. In diesem Sinne auch Brinkmann in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG – Kommentar, 7. Aufl. 2023, § 14b FamFG Rn 16, allerdings mit Blick auf Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG und § 14b Abs. 2 FamFG.
[60] Kritisch dazu D. Müller/J. Müller, FamRZ 2022, 1169, 1174, die von einem "zahnlosen Tiger" sprechen, weil das Gesetz für den Verstoß gegen diese Nachsendepflicht keine Rechtsfolgen statuiert. Deshalb sei der praktische Nutzen der Nachsendepflicht nicht ersichtlich. Holzer in: Prütting/Gehrlein, ZPO-Kommentar, 14. Aufl. 2022, § 14b FamFG Rn 12 rät dem Gesetzgeber, diese "wenig praxistaugliche Regelung" zu überarbeiten.
[61] So auch DNotI-Report 4/2022, 25. Mit Blick auf den Mehraufwand auf allen Seiten raten D. Müller/J. Müller, FamRZ 2022, 1169, 1174 den Gerichten davon ab, von der Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.
[62] Keine Bedenken haben das LG Lübeck, Beschl. v. 17.3.2022 – 7 T 98/22, juris Rn 14; LG Lübeck, Beschl. v. 21.1.2022 – 7 T 19/22, juris und Ahn-Roth in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 14b FamFG Rn 16. Ähnliche Vorschriften finden sich in z.B. in § 5 UBG (Saarland), § 8 Abs. 1 Satz 1 PsychKG (Thüringen) und § 17 Abs. 1 PsychKHG (Rheinland-Pfalz). A.A. LG Mühlhausen, Beschl. v. 4.2.2022 – 1 T 20/22, juris, das sich gegen die Verpflichtung zur elektronischen Einreichung ausspricht (Rn 18), allerdings rein faktisch eine elektronische Einreichung gutheißt (Rn 21).
[63] Gietl, NZFam 2022, 267, 268 mit Verweis auf BT-Drucks 17/12634 S. 27 ("Vorgaben im materiellen Recht wie etwa § 2356 Absatz 1 Satz 1 BGB, die die Vorlage von öffentlichen Urkunden oder Ausfertigungen in gerichtlichen Verfahren vorschreiben, bleiben als leges speciales von der allgemeinen Nutzungspflicht elektronischer Kommunikationswege unberührt.").
[64] Gietl, NZFam 2022, 267, 268. Burschel/Perleberg-Kölbel in: BeckOK FamFG, 45. Ed. 2023, § 14b FamFG Rn 6 bezeichnet die Vorgehensweise der Länder zumindest als "fragli...

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