Die oben dargestellten Regeln gelten nicht für Rechtsbehelfe in Familiensachen, die keine Ehe- oder Familienstreitsachen sind. Für diese Sachgegenstände[1] gelten die §§ 58 bis 69 FamFG ohne Einschränkungen. Der Rechtsbehelf ist also ebenfalls beim "iudex a quo" einzulegen, es besteht jedoch keine Begründungspflicht für den Rechtsbehelf.[2] Es besteht eine Abhilfemöglichkeit für den „iudex a quo“;[3] neue Tatsachen und Beweismittel können unbegrenzt in das Verfahren eingeführt werden.[4] Durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann eine Hemmung des Vollzugs der Entscheidung der ersten Instanz bewirkt werden.[5]

Sonderregelungen gelten für die Verfahrenskostenhilfe: Die sachlichen Voraussetzungen für die Verfahrenskostenhilfe entsprechen den Regeln der ZPO.[6] Die Anfechtung des die Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschlusses erfolgt in entsprechender Anwendung[7] der Vorschriften der ZPO über die sofortige Beschwerde.[8] Eine Beiordnung muss stets erfolgen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist (§ 70 Abs. 1 FamFG), anderenfalls nur, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.[9] Ein Vertretungszwang besteht nach § 114 Abs. 1 FamFG nur für die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und für die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen vor dem Familiengericht und dem OLG. Erfolgt hier eine Beiordnung nicht, ist stets an die sofortige Beschwerde gem. § 76 Abs. 1 FamFG zu denken. Wird im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe die Wiedereinsetzung in eine gesetzliche Frist notwendig, darf nicht vergessen werden, dass die Vermutung der unverschuldeten Fristversäumnis wegen fehlender oder unterbliebener Rechtsbehelfsbelehrung nach § 17 Abs. 2 FamFG bei anwaltlicher Vertretung nicht gilt![10]

[1] Es handelt sich dabei weitgehend um Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen, Ehewohnungs- und Hausratssachen, Gewaltschutzsachen, §§ 111, 112 FamFG.
[2] Eine Begründung ist jedoch stets empfehlenswert.
[10] Siehe dazu oben unter 4. a).

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