Ein echtes Novum enthält Art. 21 Brüssel IIb-VO, in dem nun erstmals verordnungsautonom ein Recht des Kindes auf Meinungsäußerung festgeschrieben ist. Die Gerichte der Mitgliedstaaten haben dem Kind, das fähig ist, sich seine eigene Meinung zu bilden, eine echte und wirksame Gelegenheit zu geben, diese Meinung direkt oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle zu äußern, und der Meinung des so angehörten Kindes entsprechend seinem Alter und seiner Reife gebührendes Gewicht beizumessen. Gemäß Art. 39 Abs. 2 Brüssel IIb-VO ist diese Regelung auch Maßstab für die Anerkennung von Entscheidungen, die in anderen Mitgliedstaaten ergangen sind. Vorbehaltlich der unter Art. 39 Abs. 2a) und b) Brüssel IIb-VO genannten Ausnahmen kann die Anerkennung einer Entscheidung versagt werden, wenn sie ergangen ist, ohne dass dem Kind Gelegenheit zur Meinungsäußerung gemäß Art. 21 Brüssel IIb-VO gegeben worden ist. Der Anerkennungsversagungsgrund des Art. 23b) Brüssel IIa-VO, der in Fällen der fehlenden Kindesanhörung auf die Verletzung wesentlicher verfahrensrechtlicher Grundsätze des Anerkennungsmitgliedstaates abstellte, ist nicht in die Neufassung der Verordnung übernommen worden. In welchem Maße nationale Vorstellungen gleichwohl über den in Art. 39 Abs. 2 Brüssel IIb-VO eröffneten Ermessensspielraum Eingang finden werden, bleibt abzuwarten.

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