Häufig ist es schwierig, eine verfestigte Lebensgemeinschaft dann anzunehmen, wenn die Parteien nicht zusammen wohnen und keinen gemeinsamen Haushalt führen. Für Büttner kommt eine verfestigte Lebensgemeinschaft nach wie vor nicht Betracht, wenn es sich um eine distanzierte Lebensgemeinschaft handelt.[12] Sie ist aber grundsätzlich so zu behandeln wie eine verfestigte Lebensgemeinschaft, je mehr sich die Parteien aufeinander eingerichtet haben.[13] Hierbei wird darauf abzustellen sein, ob objektive Gegebenheiten noch hinzukommen.

Hier wird man die Lebensumstände im Einzelnen in Form einer Checkliste aufklären müssen:[14]

Wie wird die Freizeit miteinander verbracht?
Wie werden Feiertage durchgeführt (Weihnachten, Ostern usw.)?
Sind die Partner bei Feierlichkeiten innerhalb der Familie eingebunden (Goldene Hochzeit von Großeltern, runde Geburtstage von Eltern o. Geschwistern, Abiturfeiern oder Abschlussfeiern von Kindern des Partners)?
Solidarität in Krankheitsfällen durch den neuen Partner?
Testament oder Erbvertrag zugunsten des/der neuen Lebenspartners/Lebenspartnerin?

Bei getrennten Wohnungen müssen diese oder ähnliche Indizien hinzutreten, die für eine Verfestigung der Lebensgemeinschaft sprechen. Hierbei ist auch die subjektive Einstellung der Partner maßgeblich. Der BGH hat in einer Entscheidung von 2002 diesen Gesichtspunkt zusätzlich gebilligt, dem das OLG Koblenz in der Vorinstanz große Bedeutung beigemessen hat.[15] Gegebenenfalls muss die Zeitspanne ausgedehnt werden.

Der BGH hat sich in einer neuen Entscheidung vom 30.3.2011 mit einer distanzierten Lebensgemeinschaft beschäftigt und die Vorentscheidung des OLG Schleswig aufgehoben und zurückverwiesen. Bezogen auf § 1579 Nr. 2 BBG hat der Senat ausdrücklich die Möglichkeit offen gelassen, dass eine Verwirkung auch dann in Betracht kommt, wenn die Parteien keine gemeinsame Wohnung, keinen gemeinsamen Hausstand unterhalten. In diesem Fall hatte der BGH die Vorentscheidung aufgehoben, weil der "Konkubinats-Zeuge" nicht vernommen worden ist, obwohl die geschiedene Ehefrau aus Schleswig-Holstein in seine Nähe nach Baden-Württemberg gezogen war.[16]

Dem kann trotz eines länger dauernden Verhältnisses zu einem neuen Partner entgegenstehen, dass die Lebensbereiche getrennt gehalten werden und die Beziehung damit bewusst auf Distanz angelegt ist.

[12] Johannsen/Henrich/Büttner, 5. Aufl. 2010, § 1579 Rn 25; Palandt/Brudermüller, 70. Aufl. 2011, § 1579 Rn 12a.
[14] Vgl. Schnitzler, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 3. Aufl. 2010, Rn 161.
[15] OLG Koblenz NJW-RR 2000, 72 und BGH FamRZ 2002, 32 mit Anm. Schwab, FamRZ 2002, 92 = FF 2002, 21 mit Anm. Schnitzler; neuerdings OLG Zweibrücken, 5.2.2010 – 2 UF 140/09; Beck RS 2010, 5378 = NJW Spezial 2010, 261.
[16] BGH, 30.3.2011 – XII ZR 3/09, FF 2011, 251 mit Anm. Schnitzler = FamRZ 2011, 791 = FamFR 2011, 222.

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