1. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Aufhebung der mit einem Ausländer zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels eingegangenen Scheinehe ist nicht rechtsmissbräuchlich. Eine Partei, die rechtsmissbräuchlich die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, trifft grundsätzlich die Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können. Die Behauptung der Partei, das für die Eingehung der Scheinehe versprochene Entgelt nicht erhalten zu haben, ist dem Gericht auf Verlangen glaubhaft zu machen (BGH, Beschl. v. 30.3.2011 – XII ZB 212/09).
  2. Ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Ehescheidung kann auch dann nicht wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen werden, wenn es sich um eine sog. Scheinehe handelt. Bestreitet der Antragsteller das Vorliegen einer Scheinehe, so kann er auch nicht darauf verwiesen werden, dass ihm ein einfacherer Weg zur Lösung von der Ehe dadurch zur Verfügung stehe, über die Einschaltung der zuständigen Verwaltungsbehörde gemäß den §§ 1314 Abs. 2 Nr. 5, 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Aufhebung der Ehe zu erreichen (OLG Hamm, Beschl. v. 6.10.2010 – 2 WF 218/10, FamRZ 2011, 660).
  3. Einem anwaltlichen Berufsvormund darf Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung verweigert werden, sein Anspruch auf anwaltliche Vergütung und auf Erstattung möglicher Verfahrenskosten sei durch § 1836 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG und § 1835 Abs. 1 und Abs. 3 BGB sowie die Haftung der Staatskasse für diese Ansprüche bei Mittellosigkeit des Mündels (§ 1835 Abs. 4 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG) ausreichend abgedeckt. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit im Prozesskostenhilfeverfahren ist auch dann allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mündels abzustellen, wenn der Vormund die Interessen des Mündels nicht als dessen gesetzlicher Vertreter wahrnimmt, sondern – wie im Umgangsrechtsverfahren – als Inhaber der Personensorge selbst Verfahrensbeteiligter ist (BGH, Beschl. v. 19.1.2011 – XII ZB 323/10, FamRZ 2011, 633).
  4. Verfahrenskostenhilfe für ein Hauptsacheverfahren, das neben einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Umgangsrecht eingeleitet wurde, kann regelmäßig nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses oder wegen Mutwilligkeit der Verfahrenseinleitung versagt werden (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 20.12.2010 – 5 WF 329/10, FamRZ 2011, 661).

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