In Ehesachen und Familienstreitsachen gelten die Regeln zur Verfahrenskostenhilfe nicht, wie sich aus § 113 Abs. 1 FamFG ergibt; danach gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend, wenn auch nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG die Bezeichnung "Verfahrenskostenhilfe" anstelle der Bezeichnung "Prozesskostenhilfe" tritt.

In Ehesachen und Familienstreitsachen (Legaldefintion in § 112 FamFG) sind nach § 113 Abs. 1 FamFG die §§ 76–78 nicht anzuwenden, in denen die Verfahrenskostenhilfe geregelt ist. Ehesachen sind nach § 121 FamFG die Scheidungssachen (dazu gehören auch die Verfahren nach ausländischem Recht),[1] die Aufhebung der Ehe und die Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe. Familienstreitsachen sind nach § 231 Abs. 1 FamFG die Unterhaltssachen, die Güterrechtssachen nach § 261 FamFG und die sonstigen Familiensachen (§ 266 Abs. 1 FamFG) und die entsprechenden Lebenspartnerschaftssachen (§§ 269 Abs. 1 Nr. 7–9, 269 Abs. 2 FamFG).

Die Ehesachen und Familienstreitsachen machen mindestens 80 % der bei einem durchschnittlichen Amtsgericht eingehenden Sachen aus.[2]  Nur die Kindschaftssachen, die Abstammungssachen, die Adoptionssachen, die Wohnungszuweisungs- und Hausratssachen, die Gewaltschutzsachen, die Versorgungsausgleichssachen – wegen § 149 FamFG erstreckt sich aber die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die VA-Sachen[3] – und bestimmte Teile von Unterhaltssachen, nämlich die in § 231 Abs. 2 FamFG geregelten (Verfahren nach § 3 Abs. 2 S. 3 BKGG und § 64 Abs. 2 S. 3 EStG), fallen unter §§ 7678 FamFG, sind also Gegenstand der Verfahrenskostenhilfe im engeren Sinn.

Nun verweisen sowohl § 113 Abs. 1 FamFG als auch § 76 FamFG auf eine "entsprechende" Anwendung der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe (in § 113 Abs. 1 FamFG eingebettet in den Verweis auf die Allgemeinen Vorschriften der ZPO). Aber: Während §§ 7678 FamFG jedenfalls teilweise eigene Vorschriften enthalten, enthält § 113 Abs. 1 FamFG nur eine allgemeine Verweisung auf die ZPO. Die Vorschrift fällt aber unter § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG, so dass es künftig einheitlich "Verfahrenskostenhilfe" heißt, während es in §§ 7678 FamFG ohne Bezugnahme auf § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG und besondere Regelungen im FamFG "Verfahrenskostenhilfe" heißt.

Daraus kann man schließen, dass in Ehesachen und Familienstreitsachen die Geltung der §§ 114 ff. ZPO eine unmittelbare[4] ist, während die reinen fG-Familiensachen (Antrags- und Amtsverfahren) die eigentliche "entsprechende" Anwendung unter Geltung der §§ 7678 FamFG kennen.

[1] Borth, FamRZ 2007, 1925 (1932).
[2] Das spricht Götsche, FamRZ 2009, 383 nur undeutlich aus.
[3] Kroiß/Seiler, Das neue FamFG, Rn 117; durch Art. 8 (Buchstabe o) des FamFG-Reparaturgesetze heißt es jetzt im § 145 FamFG auch "Verfahrenskostenhilfe".
[4] So auch Kroiß/Seiler, wie Fn 3, Rn 116 : "direkt".

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