BGH, Beschl. v. 1.3.2023 – XII ZB 483/21

a) Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 29.6.2022 – XII ZB 9/22, FamRZ 2022, 1633).

b) Dies gilt unabhängig davon, ob die Handakten des Rechtsanwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder – wie hier – als elektronische Akten geführt werden (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 9.7.2014 – XII ZB 709/13, FamRZ 2014, 1624).

BGH, Beschl. v. 25.1.2023 – IV ZB 7/22

Technische Gründe im Sinne von § 130d S. 2 ZPO liegen nur bei einer Störung der für die Übermittlung erforderlichen technischen Einrichtungen vor, nicht dagegen bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen (hier: Erkrankung).

BGH, Beschl. v. 15.2.2023 – XII ZB 341/22

Beantragt der Betroffene nach einer durch Zeitablauf erledigten Unterbringungsmaßnahme im Rechtsbeschwerdeverfahren – neben der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschwerdeentscheidung – auch die Feststellung, durch den Beschluss des Amtsgerichts in seinen Rechten verletzt worden zu sein, erfolgt dessen Überprüfung systemgerecht nach den Verfahrensregeln über die Rechtsbeschwerde, so dass Verfahrensmängel der amtsgerichtlichen Entscheidung grundsätzlich nur auf eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge nach § 74 Abs. 3 S. 3 FamFG zu überprüfen sind.

BGH, Beschl. v. 31.1.2023 – XIII ZB 90/22

Rechtsanwälte, die in einem Verfahren das Amt des Verfahrenspflegers berufsmäßig ausüben und in dieser Eigenschaft eine Beschwerdeschrift nach § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG einreichen, haben diese gemäß § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG als elektronisches Dokument zu übermitteln.

OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 17.5.2022 – 1 UF 31/22

Wird mit der Beschwerde ausschließlich der Entzug des Umgangsbestimmungsrechts angegriffen, ist § 68 Abs. 5 Nr. 1 FamFG nicht anzuwenden, sodass eine Wiederholung erstinstanzlicher Verfahrenshandlungen im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich ist.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.1.2023 – 5 WF 138/22

Zur Erzwingung der Anhörung des Kindes durch das Gericht kommt weder die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 33 Abs. 3 FamFG noch die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 35 Abs. 1 FamFG in Betracht.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.10.2022 – 13 UF 148/22

1. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 3 Nr. 1 FamFG ist regelmäßig erforderlich, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht oder stehen kann. Ein erheblicher Interessengegensatz ist anzunehmen, wenn es nach dem Sachverhalt naheliegt, dass die Eltern vornehmlich ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen oder aufgrund der Intensität ihres Konflikts die Gefahr besteht, dass sie die Interessen des Kindes aus dem Blick verlieren, wobei entgegengesetzte Sachanträge der Eltern ein Indiz für das Bestehen eines solchen Interessengegensatzes sind.

2. Sieht das Gericht ausnahmsweise von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, so ist dies in der Endentscheidung nachprüfbar zu begründen (§ 158 Abs. 3 S. 2 FamFG). Eine fehlende oder unzureichende Begründung stellt einen wesentlichen Verfahrensverstoß dar, der im Beschwerdeverfahren zur Aufhebung der Hauptsacheentscheidung führt.

3. Es ist nicht ausreichend, dass das Familiengericht meint, den Kindeswillen bereits zu kennen. Die Rolle des Verfahrensbeistands ist es gerade und insbesondere, das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Insbesondere hat er die besonderen Bedürfnisse und den authentischen Willen des Kindes zu ermitteln und in das Verfahren einzuführen. Außerdem hat er das Kind in geeigneter Weise über Gegenstand und Verlauf des Verfahrens zu unterrichten (§ 158 Abs. 4 S. 2 FamFG), und zu prüfen, ob im Interesse des Kindes ein Rechtsmittel einzulegen ist (§ 158 Abs. 4 S. 5 FamFG).

(red. LS)

OLG Frankfurt/M., Beschl v. 20.6.2022 – 1 SV 2/22

1. Ein Beschluss, der eine Verweisung zwischen allgemeinem Zivilgericht und Familiengericht ausspricht, ist gemäß § 17a Abs. 4 S. 3 GVG mit der sofortigen Beschwerde angreifbar. Für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Gericht gemäß den §§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ist daneben kein Raum mehr.

2. Für eine – deklaratorische – Zuständigkeitsbestimmung in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) ist nur dann Raum, wenn anderenfalls eine funktionierende Rechtspflege nicht mehr gewahrt wäre, weil es innerhalb eines Verfahrens und im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes zu Zweifeln unter den Gerichten über die Bindungswirkung einer Verweisung gekommen ist und insbesondere ein extremer Verstoß gegen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen vorliegt.

3. Bei der Prüfung, ob eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vorliegt, ist das Tatbestandsmerkmal "im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung" weit auszulegen, sodass die Fälle auszuscheiden sind, in den...

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