Zugrunde lag die Entscheidung des KG,[2] die im Voraufsatz als E 6 dargestellt wurde. Das im November 2001 geborene Kind besuchte eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung und ging seit September 2007 zur Schule. Die betreuende Mutter, von Beruf Studienrätin, übte seit August 2002 eine 70 %-Stelle aus. Nach Ansicht des Gerichts war die Mutter nicht nur bis Ende 2007 (auf der Grundlage des alten Altersphasenmodells) unterhaltsberechtigt, sondern auch ab Januar 2008 im Hinblick darauf, dass das Kind unter chronischem Asthma litt. Auch nach der Einschulung benötige ein Kind noch elterliche Zuwendung. Hier müsse sich die Kindesmutter nicht darauf verweisen lassen, neben der Betreuung des Kindes im Hort eine regelmäßige Betreuung durch dritte Betreuungspersonen vornehmen zu lassen. Der Anspruch sei auch nicht zeitlich zu befristen. Die Revision des Kindesvaters war z.T. erfolgreich, sie führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Nach kurzem Hinweis auf den auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt weist der BGH den Rahmen der kindbezogenen Verlängerungsgründe darauf hin, dass diese im Rahmen der Billigkeitsentscheidung stets vorrangig zu prüfen seien. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des § 1570 BGB den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben habe, sei andererseits der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert sei oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könne. Die in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Ansicht, es könne an das frühere "Altersphasenmodell" angeknüpft und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig gemacht werden, sei mit dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar.[3] Auch sonstige kindbezogenen Gründe wie z.B. schwere Krankheiten, die in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden könnten, seien im Rahmen der Einschränkung der Erwerbspflicht – und damit im Ergebnis im Sinne einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts – zu berücksichtigen.

Einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils könnten daneben auch elternbezogene Gründe entgegenstehen, im Hinblick auf die Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden. Hier spiele die nacheheliche Solidarität eine Rolle in Form einer Berücksichtigung des in der Ehe gewachsenen Vertrauens in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kindesbetreuung. Selbst bei ganztätiger Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung und einer von daher grundsätzlich gegebenen Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit könne sich für den betreuenden Elternteil bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben.[4] Diesen Vorgaben trage die Entscheidung des AG nicht hinreichend Rechnung, weil bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Kindesmutter vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und der Hort-Besuch bis 16 Uhr nach Ende der Schule nicht genügend berücksichtigt worden sei. Konkrete Auswirkungen der Asthma-Erkrankung seien nicht festgestellt worden, ebenso wenig auch, dass die Kindesmutter als Lehrerin bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit über 16 Uhr hinaus berufstätig sein müsse. Zu Recht sei dagegen keine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs vorgenommen worden. Eine Befristung nach § 1578b BGB scheide schon deshalb aus, weil § 1570 BGB insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthalte.[5] Soweit neben einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte, scheide eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit der Kindesmutter aus. Einer Befristung stehe hier aber auch entgegen, dass zurzeit nicht hinreichend sicher absehbar sei, ob die Kindesmutter infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten habe oder noch erleiden werde.

[1] BGH, Urt. v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770 m. Anm. Borth; dazu Bspr. v. Metz, NJW 2009, 1855.
[2] Urt. v. 25.4.2008, FamRZ 2008, 1942.
[3] BGH FamRZ 2009, 770, 773 unter Tz. 28 unter Hinweis auf anderslautende Entscheidungen der Oberlandesgerichte Köln, Celle und Thüringen sowie Ziff. 17. 1. 1 der Hammer Leitlinien.
[4] BGH FamRZ 2009, 770, 773 unter Tz. 32.
[5] BGH FamRZ 2009, 770, 774 unter Tz. 42.

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