Gründe: I. [1] Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren geschiedenen Ehemann, mit der Behauptung, er habe sie während der Ehezeit im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung verletzt, auf Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

[2] Das von der Antragstellerin ursprünglich angerufene Landgericht hat den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Familiengericht verwiesen. Dieses hat den Anträgen mit Beschl. v. 3.11.2020, dem Antragsgegner zugestellt am 12.11.2020, teilweise stattgegeben.

[3] Hiergegen hat der Antragsgegner am 30.11.2020 Beschwerde eingelegt. Nachdem sein Verfahrensbevollmächtigter vom Oberlandesgericht am 2.2.2021 darauf hingewiesen worden war, dass die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist unzulässig sein dürfte, hat er am selben Tag beglaubigte Abschriften einer Beschwerdebegründung vom 7.1.2021 eingereicht und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, sein Verfahrensbevollmächtigter habe die Arbeiten an der Begründung in der Mittagszeit des 7.1.2021 abgeschlossen, das Original unterschrieben, eine Kopie davon gefertigt, die beiden erforderlichen Überstücke gefertigt, diese Unterlagen kuvertiert und dann frankiert. Entgegen der ursprünglichen Planung habe nicht seine mit ihm in der Kanzlei als Rechtsanwältin tätige Ehefrau, sondern er selbst den Umschlag in einen – detailliert bezeichneten – Briefkasten eingeworfen, und zwar zwischen dessen erster Leerung um 14.00 Uhr und der zweiten Leerung um 16.30 Uhr. Diese Angaben hat der Verfahrensbevollmächtigte anwaltlich versichert und zudem eine anwaltliche Versicherung seiner Ehefrau beigefügt.

[4] Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde des Antragsgegners verworfen. Hiergegen wendet sich dieser mit der Rechtsbeschwerde.

II. [5] Die im Sinne von §§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Dabei bedarf vorliegend keiner Erörterung, ob sich das Verfahren aufgrund der bindenden Verweisung an das Familiengericht nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit richtet (vgl. BGHSt 62, 22 = NJW 2017, 2631 Rn 26; Schoch/Schneider/Ehlers, VwGO, [Stand: Juli 2021], § 17a GVG Rn 19; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 17b GVG Rn 5; Zöller/Lückemann, ZPO, 34. Aufl., § 17b GVG Rn 2; aA Musielak/Voit/Wittschier, ZPO, 18. Aufl., § 17b GVG Rn 3) oder insoweit eine Überprüfung der Richtigkeit des Verweisungsbeschlusses zu erfolgen hat, die auch zur Anwendbarkeit der Zivilprozessordnung führen könnte (vgl. BGHZ 215, 139 = FamRZ 2017, 1602 Rn 14 m.w.N.). Denn die Bestimmungen zum Rechtsbeschwerdeverfahren sind für Familienstreit- und Zivilsachen wegen §§ 112 Nr. 3, 117 Abs. 1 S. 4 FamFG ebenso inhaltsidentisch wie die für die Begründetheit der Rechtsbeschwerde maßgeblichen Regelungen zur Rechtsmittelbegründung in §§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG, 520 Abs. 2 S. 1 ZPO und zur Wiedereinsetzung (vgl. §§ 113 Abs. 1, 117 Abs. 5 FamFG).

[6] 1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

[7] Der Vortrag des Antragsgegners zum Wiedereinsetzungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Zwar dürfe grundsätzlich vom anwaltlich als richtig versicherten Vorbringen ausgegangen werden. Das gelte aber nicht, wenn es – wie hier – konkrete Anhaltspunkte ausschlössen, den geschilderten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zutreffend zu erachten. Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ergebe sich nicht, ob und welche organisatorischen Vorkehrungen überhaupt in der Kanzlei des Antragsgegnervertreters zur wirksamen Fristenkontrolle getroffen seien. Wie die Notierung von Fristen organisatorisch gehandhabt werde, sei ebenso wenig vorgetragen wie Wiedereinsetzungsgesuchen häufig beigefügte Unterlagen – etwa Kopien von Fristenkalender oder Handakteneintrag – vorgelegt worden seien. Ein mit der Begründung korrespondierender Auszug des Postausgangsbuchs liege ebenfalls nicht vor. Der tatsächliche Einwurf in den Briefkasten werde auch nicht durch die aktenkundige Praxis in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten belegt, ohne Ausnahme alle – und nicht nur fristgebundene – Schriftsätze vorab per Telefax an das Gericht zu übermitteln. Dieser widerspreche das behauptete Vorgehen bei der Versendung der Beschwerdebegründung massiv, was umso ungewöhnlicher erscheine, als der Antragsgegnervertreter durch den Versand noch am 7.1.2021 ausdrücklich habe sicherstellen wollen, dass die Beschwerdebegründung vor Fristablauf eingehe. Damit sei der Vortrag s...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge