1. Verfahrensfähigkeit und Vertretungsbefugnis

Die Verfahrensfähigkeit eines Minderjährigen im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist im BVerfGG nicht ausdrücklich geregelt. Mit Beschl. v. 24.8.2020[17] stuft das BVerfG jedoch in Anlehnung an die Altersgrenze von 14 Jahren (§ 167 Abs. 3 FamFG) ein drei- bzw. sechsjähriges Kind als keinesfalls selbst verfahrensfähig ein. Kindesinteressen würden durch die Verfahrensbeistandschaft ausreichend gewahrt, da der Verfahrensbeistand auch Verfassungsbeschwerde im Namen des Kindes erheben könne. Im Übrigen könne der gesetzliche Vertreter das Kind im Verfassungsbeschwerdeverfahren vertreten, es sei denn, es bestehe zwischen Kind und gesetzlichem Vertreter ein Interessenkonflikt. Ob dies der Fall sei, beurteile das BVerfG eigenständig. In der Vergangenheit seien insoweit zwar unterschiedliche Formulierungen verwandt worden, u.a. hinsichtlich eines "nicht auszuschließenden" bzw. eines "offensichtlichen" Interessenkonfliktes. Es sei aber gesicherte Rechtsprechung, dass der gesetzliche Vertreter das Kind jedenfalls dann im Verfassungsgerichtsverfahren vertreten könne, wenn ein Interessenkonflikt ausgeschlossen werden könne. Im entschiedenen Fall wurden die Kinder durch einen Amtsvormund vertreten, bei dem nach Auffassung des BVerfG ein solcher Konflikt ausgeschlossen werden könne, weil er dieselben Interessen wie die Kinder verfolge, nämlich die vom OLG angeordnete Rückkehr des Kindes aus der Jugendhilfeeinrichtung zur früheren Pflegemutter zu verhindern. In der kurz darauf ergangenen Entscheidung vom 21.9.2020[18] lässt das BVerfG einen "zumindest nicht auszuschließenden" Interessenkonflikt zwischen den drei- bis sechsjährigen Kindern und ihren Eltern, denen die Fachgerichte teilweise das Sorgerecht entzogen hatten, ausreichen, eine Vertretungsbefugnis der Eltern für das Verfassungsgerichtsverfahren zu verneinen.

2. Ausschöpfung des Rechtswegs

Nach § 90 Abs. 2 BVerfGG ist eine Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der fachgerichtliche Rechtsschutz ausgeschöpft wurde bzw. dies ausnahmsweise unzumutbar ist. An dieser Hürde scheitern viele Verfassungsbeschwerden bzw. Eilanträge. Die Ausschöpfung des fachgerichtlichen Rechtsschutzes ist auch bei einem so schwerwiegenden Eingriff vereinzelt darzulegen wie dem Entzug des Sorgerechts für einen Säugling unmittelbar nach der Geburt sowie dessen Fremdunterbringung durch eine Eilanordnung des Familiengerichts.[19] Solange das Familiengericht noch nicht über den Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG entschieden hat oder ein solcher Antrag gar nicht gestellt wurde, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.[20] Dies gilt erst recht, wenn der Antrag das Sorgerecht betrifft, weil nach § 57 Satz 2 FamFG auch gegen die nach mündlicher Verhandlung ergangene Entscheidung die Beschwerde möglich ist.[21]

Der Verfahrensgang ist insbesondere detailliert darzustellen, wenn eine verfassungsrechtlich relevante Verzögerung des fachgerichtlichen Verfahrens gerügt wird.[22] Wenn das Beschwerdegericht sich auf den Standpunkt stellt, es könne nicht selbst Beschleunigungsmaßnahmen treffen, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[23] War eine Beschleunigungsbeschwerde erfolgreich und wird später vor dem BVerfG erneut gerügt, das Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 S 1 FamFG sei verletzt worden, so sind Ausführungen dazu notwendig, dass das AG das Verfahren dennoch nicht gemäß § 155c Abs. 3 Satz 4 FamFG vorrangig und beschleunigt durchführe bzw. durchgeführt habe.[24] Zur Erschöpfung des Rechtsweges gehört auch die Erhebung einer nach § 44 FamFG statthaften Anhörungsrüge.[25]

3. Rechtsschutzbedürfnis

Wenn das Beschwerdegericht eine eigene Sachentscheidung getroffen hat und sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Familiengerichts richtet, wird sie unzulässig, weil prozessual überholt.[26] Wird die nicht ausreichend zügige Durchführung des fachgerichtlichen Verfahrens beanstandet, so entfällt mit dessen Abschluss nicht nur das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG, weil eine Verfahrensbeschleunigung nicht mehr erreicht werden kann, sondern auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde.[27]

4. Substantiierungsanforderungen

a) Notwendige Unterlagen

Immer wieder muss BVerfG Verf...

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