Götz/Brudermüller/Giers 2. Auflage 2018, 269 Seiten, 49 EUR, Gieseking Verlag

Götz und Brudermüller – haben die nicht schon einmal ein Buch über die Wohnung im Familienrecht verfasst? Ja, vor über zehn Jahren. Gerd Brudermüller, der damals schon zahlreiche Abhandlungen über Wohnungszuweisungen an Ehegatten und nichteheliche Lebensgefährten verfasst hatte, konnte Isabell Götz als Mitautorin für das Buch "Die gemeinsame Wohnung" gewinnen. Die 2. Auflage dieses Werkes führt nun den Titel "Die Wohnung in der familienrechtlichen Praxis". Die beiden allseits bekannten renommierten Familienrechtler Götz und Brudermüller haben sich nun noch verstärkt mit dem Verfahrensspezialisten Michael Giers.

Das wird sicherlich ein gutes Werk sein. Aber zugleich stellt sich die Frage: Braucht man im Familienrecht ein Buch mit 269 Seiten über Wohnungsprobleme von und mit ehelichen und nichtehelichen Partnern? Genügen da nicht die Ausführungen in den Kommentaren und Lehrbüchern zu §§ 1361b und 1568a BGB? Was bringen diese drei Autoren mehr als andere Fachleute?

Das Buch beginnt mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Ehegatte oder Lebensgefährte in die von ihm gemietete Wohnung seinen neuen Partner aufnehmen darf. Eine Erlaubnis des Vermieters ist grundsätzlich nicht erforderlich, jedoch darf die Aufnahme nicht zu einer Überbelegung führen. Man erfährt, dass als "Faustregel" eine Fläche von ca. 12 qm für jeden Erwachsenen oder zwei Kinder unter 13 Jahren gilt. Bei einer Überbelegung könnte der Vermieter die Erlaubnis versagen oder eine höhere Miete verlangen. Im Weiteren wird eingehend aufgezeigt, welche Rechte und Pflichten grundsätzlich der Mieter gegenüber dem Vermieter hat.

Im Allgemeinen haben Familienanwälte und Familienrichter im Mietrecht nur geringe oder gar keine Kenntnisse. Erfreulicherweise trifft dies auf die Mitautorin nicht zu. Isabell Götz war, bevor sie vor zwanzig Jahren zum Familiengericht kam, drei Jahre lang Mietrichterin am Amtsgericht München. Ihr gelingt es in diesem Buch, das – für uns – trockene Mietrecht lebendig darzustellen.

Schwerpunkt des Werkes ist die gerichtliche Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung zur alleinigen Benutzung für die Trennungszeit nach § 1361b BGB und ab Rechtskraft der Scheidung nach 1568a BGB sowie nach § 2 GewSchG jeweils mit Schutz- und Zusatzanordnungen. Sodann folgt das Verfahrensrecht (mit einstweiliger Anordnung, Beschwerde und Kosten), das Michael Giers sehr fundiert und praxisorientiert bearbeitet hat.

Zum leichteren Verständnis der nicht einfachen Materie tragen die anschaulichen Beispielsfälle, wertvolle Praxistipps und viele Antragsformulierungen bei. Eine große Hilfe bringen dem Leser die am Schluss des Buches aufgeführten Checklisten zu den Anspruchsgrundlagen einer Wohnungsüberlassung nach §§ 1361b, 1568a BGB und § 2 GewSchG. Hier sind alle wichtigen Kontrollfragen "zum Abhaken" aufgeführt.

Ein Beispiel: Bei einer vorläufigen Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB wird abgefragt, ob der weichende Partner Alleinmieter ist. Falls ja, erfolgt der Hinweis "Kündigungsverbot erwirken" und Angabe der entsprechenden Randnummern im Hauptteil des Buches. Dort wird ausführlich dargelegt, dass der aus der Wohnung gewiesene Ehegatte als Alleinmieter das Mietverhältnis kündigen könnte. Es sollte deshalb – im Wege einstweiliger Anordnung – der Antrag gestellt werden: "Dem Antragsgegner wird verboten, den Mietvertrag über die Wohnung … zu kündigen oder in sonstiger Weise zu beenden." Da das Kündigungsverbot nur ein sog. relatives Verfügungsverbot begründet (wird erklärt), erfolgt noch der Praxistipp: "Um Komplikationen zu vermeiden, sollte der in der Wohnung verbliebene Ehegatte den Vermieter sofort von dem erwirkten Kündigungsverbot unterrichten, damit dieser nicht weitervermietet."

Ein weiteres Beispiel: Bei einer endgültigen Wohnungsüberlassung nach § 1568a BGB wird abgefragt, ob sich die Eheleute einig sind, wer in der Wohnung bleibt. Falls ja, wird dazu auf die einschlägigen Randnummern im Hauptteil verwiesen. Dort wird eingehend dargelegt, dass eine Wohnungszuweisung beim Familiengericht nicht beantragt werden kann. Für ein gerichtliches Verfahren würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da es einen einfacheren Weg gibt, das Mietverhältnis umzugestalten: Es genügt gemäß § 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB die Mitteilung der Eheleute an den Vermieter, dass sie sich über die weitere Nutzung der Wohnung durch einen von ihnen allein geeinigt haben. Ergänzend wird dazu über Form, Inhalt und Wirksamwerden der Mitteilung unterrichtet und zusätzlich ausgeführt, dass ein Anspruch gegen den Ex-Ehepartner auf Mitwirkung an dieser Mitteilung besteht.

Die Kontrollfragen der Checklisten erleichtern auf diese Weise die Begründung eines Antrags nach §§ 1361b, 1568a BGB und § 2 GewSchG und bringen auch Sicherheit, dass kein relevanter Punkt übersehen wird.

Zurück zur Ausgangsfrage: Soll man dieses "Wohnungsbuch" für 49 EUR kaufen? Spätestens dann, wenn Sie einen Fall mit einem familien- und mietrecht...

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