1. Die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den "wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" unter Anwendung der Berechnungsmethode der sogenannten Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet die neue Rechtsprechung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfG, Beschl. v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10).
  2. Die bloße Aufnahme eines Ehegatten in ein Pflegeheim führt allein noch nicht zu einer Trennung i.S.d. § 1567 BGB, so dass sich Unterhaltsansprüche nach wie vor aus § 1360 BGB ergeben und nicht nach § 1361 Abs. 1 BGB richten; die Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 19 SGB XII besteht fort. Der Verpflichtete kann nach der Rspr. des BVerfG und des BGH im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage; für das Prozesskostenprüfungsverfahren ist zugunsten des Unterhaltsberechtigten diese Rechtsauffassung zugrunde zu legen (OLG Köln, Beschl. v. 21.4.2010 – 27 WF 21/10, FamRZ 2010, 2076).
  3. Der Anspruch auf Auskunftserteilung über Einkünfte und Vermögen gem. §§ 1580, 1605 BGB ist auch dann gegeben, wenn Gründe für die Versagung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs wegen grober Unbilligkeit gem. § 1579 BGB vorliegen. Dass der geschiedene Ehegatte seinen eheangemessenen Unterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann (§ 1577 Abs. 1 BGB), kann er erst darlegen, wenn er Kenntnis über Einkünfte und Vermögen des Unterhaltsverpflichteten hat. Der Auskunftsanspruch gem. § 1580 BGB kann deshalb nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruchsteller sei nicht unterhaltsbedürftig (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.10.2010 – 6 UF 77/10 = BeckRS 2010, 30340, FamFR 2011, 9 m. Anm. Reinken).
  4. Zunächst vorhandene ehebedingte Nachteile können durch eine nachfolgende Erkrankung des Unterhaltsberechtigten ihre Auswirkungen verlieren. Der weggefallene ehebedingte Nachteil ist dann als Faktor im Rahmen der Billigkeitsabwägung zur Bestimmung des Maßes der nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen (OLG Schleswig, Beschl. v. 4.10.2010 – 10 UF 78/10 = BeckRS 2010, 28239, FamFR 2010, 561 m. Anm. Fiedler).
  5. Nimmt ein unterhaltspflichtiger Ehegatte die Möglichkeit einer Verrentung vor Erreichen der diesbezüglichen allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze in Anspruch, so ist dies regelmäßig unterhaltsrechtlich leichtfertig, wenn dies weder aus gesundheitlichen oder betrieblichen Gründen erfolgt noch einer gemeinsamen Lebensplanung der Ehegatten entspricht (OLG Saarbrücken, Urt. v. 5.8.2010 – 6 UF 138/09 = BeckRS 2010, 28224, FamFR 2010, 562 m. Anm. Böhne).

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