Das gesetzliche Unterhaltsrecht war in seiner ursprünglichen Fassung völlig und ist auch heute noch weitgehend auf Geldleistungen ausgerichtet, im allgemeinen Sprachgebrauch als Barunterhalt bezeichnet. Die monatlich zahlbare Geldrente ist die Regelform der Unterhaltsleistung (§§ 1612 Abs. 1 S. 1, 1585 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB). Dadurch soll dem Unterhaltsgläubiger eine vom Schuldner weitgehend unabhängige Lebensführung ermöglicht werden. Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann der unterhaltspflichtige Verwandte eine andere Art der Gewährung des Unterhalts verlangen (§§ 1612 Abs. 1 S. 2 BGB). Das Kind kann etwa begehren, Elternunterhalt dadurch zu erbringen, dass es den Elternteil in dessen Wohnung versorgt.

Praktisch bedeutsam ist vor allem, dass nach § 1612 Abs. 2 BGB Eltern gegenüber ihren unverheirateten Kindern die Art der Unterhaltsleistung bestimmen können, sofern sie auf deren Belange hinreichend Rücksicht nehmen. Sie können etwa dem minderjährigen oder volljährigen Kind erklären, dass es während seiner Ausbildung Kost und Logis im Elternhaus entgegennehmen muss. Damit soll die Unterhaltslast der Eltern erleichtert werden, die wegen des Anspruchs des Kindes auf Finanzierung einer optimalen Ausbildung (§ 1610 Abs. 2 BGB) sehr drückend sein kann. Außerdem soll ihnen eine weitergehende Einflussnahme auf die Lebensführung des Kindes verschafft werden, als dies bei Unterhaltsgewährung in Geld möglich wäre.[1] Die Eltern leisten dann nur in geringem Maß Geldunterhalt, etwa Taschengeld, hauptsächlich aber Naturalunterhalt in Form von Sachleistungen (Wohnungsgewährung, Essen) und Betreuung (Haushaltsleistungen).

Betreuungsunterhalt hat als Folge des Gleichheitsgrundsatzes der Ehegatten nach Art. 3 GG Eingang in das BGB gefunden. Gemäß § 1360 Abs. 1 S. 2 BGB erfüllt der Ehegatte, dem die Haushaltsführung überlassen ist, durch diese in der Regel seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen. Betreuungsunterhalt des einen Ehegatten ist damit dem Barunterhalt des anderen gleichgestellt. Auf das Vorbild des § 1360 BGB geht § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB zurück. Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt durch die Pflege und die Erziehung des Kindes in der Regel seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen. Auch hier gilt, dass Betreuungsunterhalt des einen Elternteils dem Barunterhalt des anderen grundsätzlich gleichwertig ist.

Es ist in der Rechtsprechung[2] anerkannt, dass inzwischen ein gewandelter Unterhaltsbegriff gilt, der Bar- und Betreuungsunterhalt umfasst. Dennoch wird Betreuung nicht als primäre Unterhaltsart anerkannt, sondern nur als Ersatz für Geldunterhalt. Nach der Rechtsprechung des BGH[3] beruht das Recht des Kindes auf Betreuung nicht auf seinem Unterhaltsanspruch. Deswegen hat der zu Barunterhalt verurteilte Elternteil, der auch die Betreuung des Kindes übernimmt, keinen Ausgleichsanspruch gegen den dadurch entlasteten anderen Elternteil. Dass der Einbau des Betreuungsunterhalts in das System des Unterhaltsrechts bislang nicht befriedigend gelungen ist, zeigt sich auch im Ehegattenunterhaltsrecht. Nach der Surrogatrechtsprechung zu § 1578 BGB[4] und bei der Anwendung des § 1578b BGB[5] wird die Haushaltsführung nicht als eigenständiger Betreuungsunterhalt anerkannt, sondern nur als Ersatz oder Hindernis für eine Erwerbstätigkeit.

Die Ansicht, dass die stillende und auch sonst den Säugling betreuende Mutter einen Ersatz für eigentlich geschuldeten Barunterhalt nach § 1612 BGB bestimmt, ist indes nicht nur realitätsfern. Sie bleibt auch die Erklärung schuldig, worauf ihre in § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vorausgesetzte Unterhaltsverpflichtung beruht, wenn sie barleistungsunfähig i.S.v. § 1603 BGB ist. Mit der Personensorge (§ 1613 Abs. 1 BGB) kann diese nicht erklärt werden, weil eine Unterhaltsverpflichtung davon unabhängig besteht. Die Personensorge ist neben der Aufnahme des Kindes in den eigenen Haushalt nach § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB eine Voraussetzung für eine andere Bestimmung als Barunterhalt. Es ist nötig, den gewandelten Unterhaltsbegriff auch bei der Vorschrift des § 1603 BGB zu beachten und diese ergänzend dahin auszulegen, dass ein Elternteil nicht unterhaltspflichtig ist, wenn er auch zur Pflege und Erziehung des minderjährigen unverheirateten Kindes nicht in der Lage ist. Mit dieser auf Krankheit bezogenen Begründung hat neuerdings der BGH[6] , ohne seine frühere andere Rechtsprechung zu erwähnen, die Voraussetzungen für eine Unterhaltsbeschränkung gem. § 1611 BGB verneint. Die in einem Pflegeheim lebende Mutter des Beklagten litt bereits in dessen Kindesalter an Schizophrenie. Deswegen war ihr keine gröbliche Vernachlässigung der Betreuung vorzuwerfen. Betreuungsunterhalt ist als ursprünglicher Unterhalt neben Geldunterhalt anzuerkennen.

[1] BGH FamRZ 1985, 917.
[2] BVerfG FamRZ 1969, 467; BGH FamRZ 1980, 994; 1983, 690.
[3] BGH FamRZ 1994, 1102 (mit abl. Anm. Scholz S. 1314).
[6] BG...

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