Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Gründe:

1. Scheidung

Die Ehegatten haben am 22.10.1979 vor dem Standesbeamten des Standesamts …/Russland unter Heiratsregister Nr. … die Ehe miteinander geschlossen.

Der Scheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 19.12.2020 zugestellt.

Die Ehegatten leben seit Februar 2019 getrennt.

Die Antragstellerin trägt vor, die Ehe sei gescheitert. Sie beantragt, die Ehe der Beteiligten zu scheiden. Der Antragsgegner stimmt der Scheidung zu. …

Der Scheidungsantrag ist begründet, weil die Ehe der Ehegatten gescheitert ist (§§ 1564 S. 1 und 3, 1565 Abs. 1 S. 1 BGB). …

2. Versorgungsausgleich

Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. …

Ausgleichspflichtige Anrechte

In der Ehezeit haben die beteiligten Ehegatten folgende Anrechte erworben:

Die Antragstellerin:

Gesetzliche Rentenversicherung

1. Bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg hat die Antragstellerin ein

Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 29,2149 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 14,6075 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 110.176,86 EUR.

Der Antragsgegner:

Gesetzliche Rentenversicherung

2. Bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg hat der Antragsgegner ein

Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 23,9940 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 11,9970 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 90.487,20 EUR.

Ausgleich:

Grobe Unbilligkeit:

Nach Kapitalwerten hat der Ausgleich in Höhe von 19.689,66 EUR zu Lasten der Antragstellerin zu erfolgen. Dieser Ausgleich wäre insgesamt grob unbillig.

Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre, d.h. wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Es wäre angesichts des Verhaltens des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin während der Ehezeit grob unbillig, wenn er an den Anrechten der Antragstellerin, die aus der Ehezeit stammen, Teil hätte.

Vorsätzliche, schuldhaft begangene gefährliche Körperverletzungen zum Nachteil des Ausgleichspflichtigen können insbesondere bei entsprechender strafrechtlicher Verurteilung die grobe Unbilligkeit rechtfertigen (Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisSPK-BGB, 9. Aufl., § 27 VersAusglG m.w.N.).

Der Antragsgegner konsumierte während der Ehe viel Alkohol und war häufig betrunken. In diesem Zustand bedrohte und schlug er seine Frau mehrfach. Im Jahr 2005 schlug er die Antragstellerin so heftig, dass diese ein Hämatom am Auge erlitt und drei Wochen krankgeschrieben war. Aufgrund dieses Vorfalls verließ die Antragstellerin damals die gemeinsame Wohnung und flüchtete sich in ein Frauenhaus, kehrte jedoch nach einer Entschuldigung des Antragsgegners zu diesem zurück. Das Verhalten besserte sich jedoch nicht. Etwa jede zweite Woche tauschte der Antragsgegner die Schlösser zur gemeinsamen Wohnung aus, so dass die Antragstellerin nicht in die Wohnung kam und die Nacht im Auto oder bei Bekannten verbringen musste. Er schlug und bedrohte die Antragstellerin weiter. Mehrfach erschien er betrunken und aggressiv am Arbeitsplatz der Antragstellerin, da er angab, mit ihr reden zu wollen, bis der Arbeitgeber ihm ein Hausverbot erteilte. Die Antragstellerin, die in stetiger massiver Angst vor Übergriffen durch ihren Mann litt, offenbarte sich verzweifelt am 8.2.2019 gegenüber ihrem Hausarzt, der sie so dann erneut an ein Frauenhaus vermittelte. Der Antragsgegner kontaktierte sie weiter telefonisch und gab ihr gegenüber an, zu wissen, wo sie sich befinde, so dass sie weiterhin in massiver Angst lebte. Kurz vor dem Anhörungstermin in diesem Verfahren, am 3.7.2021 sendete der Antragsteller ihr über Whatsapp ein Video, in dem eine brutale Hinrichtungsszene zu sehen ist, und bedrohte sie damit, dass man so auch mit ihr umgehen sollte. Aufgrund dieses Sachverhalts erließ das Amtsgericht Emmendingen am 30.8.2021 einen Beschluss mit einem Näherungs- und Kontaktverbot nach § 1 GewSchG. Die Antragstellerin suchte nach ihrem Auszug im Februar 2019 ärztliche und psychologische Hilfe. Es wurde eine akute Belastungsreaktion und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Strafanzeige hat die Antragstellerin in all den Jahren aus Angst und Scham nicht gestellt.

Auch wenn die einzelnen Körperverletzungshandlungen für sich genommen kein besonders schweres Ausmaß erreichen, so rechtfertigt das jahrelange bedrohliche und gewalttätige Verhalten des Antragsgegners insgesamt einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin aus Angst nicht zur Polizei gegangen ist. Daraus wird vielmehr ersichtlich, in welcher scheinbar a...

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