Gem. § 194 Abs. 2 BGB gibt es bei Ansprüchen aus familienrechtlichen Verhältnissen, wie aus §§ 1353 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, 1356, 1360, 1361, 1601, 1632 BGB auch einen Verjährungsausschluss.[1] Dies ist der Fall, wenn die Ansprüche beispielsweise auf Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft gerichtet sind, etwa beim Anspruch des Ehegatten auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft i.S.d. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB.[2]

Im Gegensatz zu § 207 Abs. 1 BGB erfasst § 194 Abs. 2 BGB Ansprüche gegen Dritte, die einem familienrechtlichen Verhältnis entspringen, wie etwa den Anspruch auf Kindesherausgabe gem. §§ 1632, 1800 BGB. Man sollte jedoch nicht aus § 194 Abs. 2 BGB folgern, dass eine Verjährung sinnlos wäre, da durch das fortbestehende Rechtsverhältnis immer wieder ein noch nicht verjährter Anspruch erzeugt würde. Dies kann man schon an dinglichen Rechten sehen, die unstreitig der Verjährung unterliegen und die auch nicht immer wieder von neuen Ansprüchen überholt oder abgelöst werden, obwohl das dingliche Recht bestehen bleibt.

Man sollte den Zweck der Norm auch nicht dahingehend auslegen, dass eine Störung des Familienfriedens verhindert werden soll, wie es bei § 207 BGB der Fall ist. Diese Auslegung schlägt schon deshalb fehl, weil in § 194 Abs. 2 BGB Ansprüche gegen Dritte und die Beschränkung auf Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis mit einbezogen werden.

Die Theorie vom Pflicht-Recht vermag auch keine ausreichende Begründung dafür zu liefern, den Zweck der Norm hinreichend erklären zu können. Es wird gesagt, dass familienrechtliche Ansprüche nur unselbständige Gegenstücke der zur Rechtspflicht erhobenen sittlichen Pflicht seien und, solange diese Pflicht andauert, müsste auch das derselben entsprechende Recht mit den dazu gehörigen Ansprüchen existieren und durchsetzbar sein. Diese Theorie setzt indes falsch an. Denn das Verhältnis des subjektiven Familienrechts ist das gleiche wie das Verhältnis bei sonstigen subjektiven Rechten. Die subjektiven Familienrechte wurden von der Rechtsordnung zwar nicht nur, aber auch um des Berechtigten selbst willen verliehen. Auch andere Rechtsverhältnisse werden durch die Sittlichkeit geprägt, obwohl dort nicht von Pflicht-Rechten gesprochen wird. Somit veranlasst nur der spezifische Inhalt der natürlich-sittlichen Familienverhältnisse die Rechtsordnung dazu, Familienverhältnisse dem Inhalt, der Intensität sowie dem Umfang nach wesentlich anders zu regeln als andere Rechtsverhältnisse zwischen Personen.[3] Des Weiteren fordert die Sittlichkeit ebenfalls die Erfüllung geschlossener schuldrechtlicher Verträge, wobei die entsprechenden Ansprüche trotzdem verjähren.

Letztlich könnte der entscheidende Grund für § 194 Abs. 2 BGB darin liegen, dass die oben beschriebenen Ansprüche aus Grundrechten folgen und ihre Ausübung bloße Grundrechtsbetätigung ist, denn Grundrechte verjähren nicht.[4]

Das Recht der Klageerhebung auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines familienrechtlichen Status unterliegt ebenfalls keiner Verjährung, was schon deswegen so sein muss, weil es sich hier nicht um einen Anspruch, sondern um ein familienrechtliches Gestaltungsrecht handelt und weil nur Ansprüche verjähren. Dies gilt auch für das Recht, eine Ehe scheiden oder eine Ehe sowie Lebenspartnerschaft aufheben zu lassen oder auf eine Anfechtung der Vaterschaft zu klagen. Für die Vaterschaftsanfechtung gibt es schließlich auch eine eigene Ausschlussfrist gem. § 1600b BGB.[5]

[1] Palandt/Heinrichs, § 194 BGB Rn 8.
[2] Hohloch, Familienrecht, S. 118.
[3] Muscheler, Familienrecht, S. 13.
[4] Muscheler, Familienrecht, S. 16.
[5] Muscheler, Familienrecht, S. 17.

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