Leitsatz

  1. Fassadensanierung duldungspflichtig, selbst bei gesundheitlichem Risiko eines einzelnen Eigentümers
  2. Aber: Verfassungsrechtliche Güterabwägung
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 3, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG; Art. 2, 6, 14 GG

 

Kommentar

  1. Nach Sanierung des Fugennetzes einer Fassade nebst Auswechseln defekter Steine ist die anschließende Hydrophobierung ein geeignetes Mittel zur Erhaltung der Fassade.
  2. Leidet ein Wohnungseigentümer an einer hohen Chemikalienempfindlichkeit, so muss er zunächst selbst alles im Rahmen der Zumutbarkeit tun, um gesundheitliche Gefahren/Risiken durch Lösungsmittel im Rahmen der Hydrophobierung der Fassade zu verringern. Ihm muss sogar ein zeitweises Verlassen der Wohnung zugemutet werden.

    Anders als in der Entscheidung des BayObLG (ZMR 2004, 209) hinsichtlich des Einbaus eines Treppenlifts, in der dem grundrechtlich geschützten Interesse des Einzelnen der Vorrang eingeräumt worden ist gegenüber der allein optischen Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums, würde ein Vorrang des Individualinteresses der Antragstellerseite vorliegend dazu führen, dass die restlichen Eigentümer eine nicht unerhebliche Schädigung ihres (Mit)Eigentums hinnehmen müssten. Die bedauerliche Erkrankung des Ehemanns der Antragstellerin fällt in deren Risikosphäre.

  3. Im Rahmen der Güterabwägung zwischen den wechselseitigen Grundrechten (Art. 14 Abs. 1 gegenüber Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG) hat die Gemeinschaft allerdings dasjenige Lösungsmittel zu wählen, welches die geringsten Beeinträchtigungen erkennen lässt. Die Sanierung ist auch in einer Jahreszeit und bei Witterungsbedingungen vorzunehmen, bei denen der Diffusionsstrom von innen nach außen erfolgt und die Gefahr eines Eindringens von Lösungsmitteln in das Rauminnere von Eigentumswohnungen verringert. Gleichzeitig muss die Gemeinschaft die Antragstellerseite rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten informieren, damit diese die von ihr für erforderlich gehaltenen Vorkehrungen treffen kann.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 03.01.2007, 2 Wx 75/06OLG Hamburg v. 3.1.2007, 2 Wx 75/06 = ZMR 2007, 476

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