Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen. Richtlinie 2003/4/EG. Art. 4. Ausnahmen vom Recht auf Zugang. Antrag auf Zugang, bei dem es um mehrere von Art. 4 Abs. 2 der genannten Richtlinie geschützte Interessen geht

 

Beteiligte

Office of Communications

Information Commissioner

 

Tenor

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Behörde, die über Umweltinformationen verfügt oder für die solche bereitgehalten werden, bei der Abwägung der öffentlichen Interessen an der Bekanntgabe gegen die Interessen an der Verweigerung der Bekanntgabe zur Beurteilung eines Antrags, der dahin geht, dass diese Informationen einer natürlichen oder juristischen Person zugänglich gemacht werden, mehrere der in dieser Bestimmung genannten Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe kumuliert berücksichtigen kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 27. Januar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Februar 2010, in dem Verfahren

Office of Communications

gegen

Information Commissioner

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters D. Šváby, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Information Commissioner, vertreten durch C. Lewis, Barrister, beauftragt von M. Thorogood, Solicitor,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski als Bevollmächtigter, im Beistand von D. Beard, Barrister,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und C. Meyer-Seitz als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Oliver und C. ten Dam als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. März 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuche betrifft die Auslegung von Art. 4 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, S. 26).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen dem Office of Communications und dem Information Commissioner wegen eines Antrags auf Zugang zu Informationen über den genauen Standort von Mobilfunk-Basisstationen im Vereinigten Königreich.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4 lautet:

„Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen tragen dazu bei, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und letztendlich so den Umweltschutz zu verbessern.”

Rz. 4

Im achten Erwägungsgrund heißt es:

„Es muss gewährleistet werden, dass jede natürliche oder juristische Person ohne Geltendmachung eines Interesses ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat.”

Rz. 5

Der 16. Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:

„Das Recht auf Information beinhaltet, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sollten eng ausgelegt werden, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden sollten. Die Gründe für die Verweigerung von Informationen sind dem Antragsteller innerhalb der in dieser Richtlinie festgelegten Frist mitzuteilen.”

Rz. 6

Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.”

Rz. 7

Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen in folgenden Fällen abgelehnt wird:

  1. Die gewünschte Information ist nicht bei der Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, vorhanden und wird auch nicht für diese bereitgehalten. In diesem Fall leitet die Behörde, falls ihr bekannt ist, dass die betreffende Information bei einer anderen Behörde vorhanden ist oder für diese be...

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