Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 75/439/EWG. Altölbeseitigung. Vorrang der Behandlung im Wege der Aufbereitung

 

Beteiligte

Kommission / Österreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Republik Österreich

Republik Finnland

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

 

Tenor

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der Fassung der Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 verstoßen, dass sie es unterlassen hat, die erforderlichen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Republik Finnland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-15/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 14. Januar 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Grunwald und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl, M. Hauer und E. Wolfslehner als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Republik Finnland, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch K. Manji als Bevollmächtigten im Beistand von M. Demetriou, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Gulmann, G. Arestis und J. Klucka,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Oktober 2004,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23) in der Fassung der Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 (ABl. L 42, S. 43) (im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie es unterlassen hat, die erforderlichen Maßnahmen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dafür zu treffen, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2

Die Richtlinie bezweckt den Schutz der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen des Ableitens und der Behandlung von Altölen. Ihr Artikel 3 sieht vor:

„(1) Sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

(2) Erfolgt aufgrund der in Absatz 1 genannten Sachzwänge keine Aufbereitung des Altöls, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jegliches Verbrennen von Altölen nach umweltfreundlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie erfolgen kann, soweit dieses Verbrennen technisch, wirtschaftlich und organisatorisch durchführbar ist.

(3) Erfolgt aufgrund der in den Absätzen 1 und 2 genannten Sachzwänge weder die Aufbereitung noch das Verbrennen von Altölen, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um ihre schadlose Vernichtung oder kontrollierte Lagerung oder Ablagerung zu gewährleisten.”

3

Nach Artikel 1 der Richtlinie wird die „Aufbereitung” definiert als

„jedes Verfahren, bei dem Basisöle durch Raffinerieverfahren von Altölen erzeugt werden und die insbesondere die Trennung der Schadstoffe, der Oxidationsprodukte und der Zusätze in diesen Ölen umfassen”.

4

Nach Artikel 2 der Richtlinie 87/101 mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus dieser Richtlinie zum 1. Januar 1990 nachzukommen.

Nationales Recht

5

Die österreichische Regierung notifizierte der Kommission folgende Rechtsinstrumente zur Altölbehandlung:

  • Verordnung über die Durchführung des Altölgesetzes (BGBl. Nr. 383/1987);
  • Bundesgesetz vom 6. Juni 1990 über die Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, im Folgenden: AWG);
  • dieses Gesetz wurde, insbesondere um der Aufbereitung von Altölen Vorrang einzuräumen, durch ein neues Bundesgesetz über die Abfallwirtschaft reformiert, das am 2. November 2002 in Kraft getreten ist (BGBl. Nr. 102/2002, i...

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