Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 91/439/EWG. Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine. Entzug der Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat wegen Drogen- oder Alkoholkonsums. In einem anderen Mitgliedstaat ausgestellter neuer Führerschein. Verweigerung der Anerkennung des Führerscheins im ersten Mitgliedstaat. Nicht der Richtlinie 91/439/EWG entsprechender Wohnsitz

 

Beteiligte

Wiedemann

Arthur Wiedemann

Peter Funk

Land Baden-Württemberg

Stadt Chemnitz

 

Tenor

1. Die Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, es unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer für den Betroffenen geltenden Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt, und somit die Gültigkeit dieses Führerscheins anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins die Bedingungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen.

Unter denselben Umständen verwehren diese Bestimmungen es einem Mitgliedstaat jedoch nicht, es abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, wenn auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte.

2. Die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung verwehren es einem Mitgliedstaat, der nach dieser Richtlinie verpflichtet ist, die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, diese Fahrberechtigung vorläufig auszusetzen, während der andere Mitgliedstaat die Modalitäten der Ausstellung dieses Führerscheins überprüft. Dagegen verwehren es diese Bestimmungen unter denselben Umständen einem Mitgliedstaat nicht, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen von diesem anderen Mitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie vorgeschriebene Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht Sigmaringen (Deutschland) (C-329/06) und vom Verwaltungsgericht Chemnitz (Deutschland) (C-343/06) mit Entscheidungen vom 27. Juni 2006 und vom 3. August 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juli 2006 und am 8. August 2006, in den Verfahren

Arthur Wiedemann (C-329/06)

gegen

Land Baden-Württemberg

und

Peter Funk (C-343/06)

gegen

Stadt Chemnitz

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klučka, A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Wiedemann, vertreten durch Rechtsanwalt G. Stöger,
  • von Herrn Funk, vertreten durch Rechtsanwalt A. M. Kohn,
  • des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch F. Laux als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und M. Ribes als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Februar 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Ersuchen um Vorabentscheidung betreffen die Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl. L 237, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom...

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