Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Folgen einer als unzulässig qualifizierten disziplinarischen Entlassung. Begriff der Beschäftigungsbedingungen. Arbeitnehmer, der unbefristet für eine Übergangszeit beschäftigt wird. Ungleichbehandlung zwischen Dauerbeschäftigten und Arbeitnehmern, die befristet oder unbefristet für eine Übergangszeit beschäftigt werden. Wiedereingliederung des Arbeitnehmers oder Gewährung einer Entschädigung

 

Beteiligte

Vernaza Ayovi

Gardenia Vernaza Ayovi

Consorci Sanitari de Terrassa

 

Tenor

Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, nach der ein dauerhaft im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeitnehmer, wenn seine disziplinarische Entlassung für unzulässig erklärt wurde, wiedereingegliedert werden muss, wohingegen im gleichen Fall die Möglichkeit besteht, dass ein für eine Übergangszeit beschäftigter oder für eine Übergangszeit unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, der die gleichen Tätigkeiten wie der dauerhaft beschäftigte Arbeitnehmer ausübt, nicht wiedereingegliedert wird und als Gegenleistung eine Abfindung erhält.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 2 de Terrassa (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 2 Terrassa, Spanien), mit Entscheidung vom 26. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2017, in dem Verfahren

Gardenia Vernaza Ayovi

gegen

Consorci Sanitari de Terrassa

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Vernaza Ayovi, vertreten durch M. Sepúlveda Gutiérrez, abogado,
  • von Consorci Sanitari de Terrassa, vertreten durch A. Bayón Cama und D. Cubero Díaz, abogados,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. Januar 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43) enthalten ist, sowie von Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Gardenia Vernaza Ayovi und dem Consorci Sanitari de Terrassa (im Folgenden: Gesundheitskonsortium Terrassa, Spanien) über ihre disziplinarische Entlassung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Paragraf 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.”

Rz. 4

Paragraf 3 „Definitionen”) der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

  1. ‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer’ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird.
  2. ‚vergleichbarer Dauerbeschäftigter’ ein Arbeitnehmer desselben Betriebs mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag oder -verhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Qualifikationen/Fertigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind.

Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Dauerbeschäftigter vorhanden, erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrags oder in Ermangelung eines solchen gemäß den einzelstaatlichen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten.”

Rz. 5

Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Befristet beschäftige Arbeitnehmer dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sach...

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