Entscheidungsstichwort (Thema)

Quellensteuer, Besteuerung grenzüberschreitender Zahlungen, Zahlungen an ausländische Gesellschaften, Anmietung von Kesselwaggons, Quellenbesteuerung ohne entsprechende DBA-Regelung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, in deren Rahmen die Zahlungen einer gebietsansässigen Gesellschaft an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die bei dieser Einkünfte darstellen, grundsätzlich, sofern in dem zwischen diesen beiden Mitgliedstaaten geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen nichts anderes bestimmt ist, einer Quellensteuer unterliegen, entgegenstehen, wenn nach dieser Regelung die gebietsansässige Gesellschaft, die die Quellensteuer nicht einbehält oder nicht an den Fiskus des erstgenannten Mitgliedstaats abführt, für den Zeitraum zwischen dem Ablauf der Frist für die Entrichtung der Steuer auf die Einkünfte bis zu dem Tag, an dem die gebietsfremde Gesellschaft den Nachweis dafür erbringt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommen erfüllt sind, zur Zahlung nicht erstattungsfähiger Verzugszinsen verpflichtet ist, obwohl nach diesem Abkommen von der gebietsfremden Gesellschaft im ersten Mitgliedstaat keine Steuer oder ein niedrigerer Steuerbetrag geschuldet wird, als dies nach dem Steuerrecht dieses Mitgliedstaats normalerweise der Fall wäre.

 

Normenkette

AEUV Art. 56

 

Beteiligte

TTL EOOD

Direktor na Direktsia Obzhalvane i danachno-osiguritelna praktika - Sofia

 

Verfahrensgang

Varhoven administrativen sad (Bulgarien) (Beschluss vom 24.10.2016; Abl.EU 2017, Nr. C 22/10)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Freier Dienstleistungsverkehr ‐ Besteuerung von Unternehmen ‐ Zahlungen, die eine gebietsansässige Gesellschaft an gebietsfremde Gesellschaften für die Vermietung von Kesselwaggons leistet ‐ Verpflichtung, auf Zahlungen an eine ausländische Gesellschaft, die bei dieser Einkünfte inländischen Ursprungs darstellen, eine Quellensteuer einzubehalten ‐ Nichteinhaltung ‐ Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ‐ Verzugszinsen, die von der gebietsansässigen Gesellschaft für die nicht abgeführte Quellensteuer erhoben werden ‐ Fälligkeit der Zinsen ab dem Ablauf der gesetzlichen Zahlungsfrist bis zu dem Tag, an dem der Nachweis für die Anwendbarkeit des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erbracht wird ‐ Nicht erstattungsfähige Zinsen“

In der Rechtssache C-553/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Bulgarien) mit Entscheidung vom 24. Oktober 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 2. November 2016, in dem Verfahren

„TTL“ EOOD

gegen

Direktor na Direktsia „Obzhalvane i danachno-osiguritelna praktika“ ‐ Sofia,

Beteiligte:

Varhovna administrativna prokuratura,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der „TTL“ EOOD, vertreten durch V. Terzieva, advokat,

‐ des Direktor na Direktsia „Obzhalvane i danachno-osiguritelna praktika“ ‐ Sofia, vertreten durch A. Georgiev und S. Atanasova als Bevollmächtigte,

‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova, M. Georgieva und T. Mitova als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels, R. Lyal und P. Mihaylova als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49, 54 und 63 sowie des Art. 65 Abs. 1 und 3 AEUV und von Art. 5 Abs. 4 und Art. 12 Buchst. b EUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen „TTL“ EOOD und dem Direktor na Direktsia „Obzhalvane i danachno-osiguritelna praktika“ ‐ Sofia (Direktor der Direktion „Rechtsbehelfe sowie Steuer- uns Sozialversicherungspraxis“ in Sofia, Bulgarien) (im Folgenden: beklagte Verwaltung) wegen der Zahlung nicht erstattungsfähiger Verzugszinsen, die von TTL zu entrichten sind, weil sie nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, eine Quellensteuer auf Zahlungen an in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Bulgarien ansässige, nicht mit ihr verbundene Unternehmen einzubehalten, die bei diesen Unternehmen grenzüberschreitende Einkünfte darstellen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 EUV bestimmt:

„Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus.“

Rz. 4

Art. 12 Buchst. b EUV sieh...

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