Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbraucherschutz. Vorlage zur Vorabentscheidung. Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen. Informationspflichten des betreffenden Unternehmers. Versäumnis dieses Unternehmers, den Verbraucher zu informieren. Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall. Widerruf nach Vertragserfüllung. Folgen

 

Normenkette

Richtlinie 2011/83/EU Art. 14 Abs. 4 Buchst. a Ziff. i, Abs. 5

 

Beteiligte

DC (Rétractation après l’exécution du contrat)

DC

HJ

 

Tenor

Art. 14 Abs. 4 Buchst. a Ziff. i und Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

sind dahin auszulegen, dass

sie einen Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistungen befreien, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags erbracht wurden, wenn ihm der betreffende Unternehmer die Informationen gemäß Art. 14 Abs. 4 Buchst. a Ziff. i nicht übermittelt hat und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-97/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Essen (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Februar 2022, in dem Verfahren

DC

gegen

HJ

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter) und N. Jääskinen,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        von DC, vertreten durch Rechtsanwalt M. Höffken,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und I. Rubene als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen DC und HJ über die Vergütung der Dienstleistung, die ein Unternehmen in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags für HJ erbracht hat; dieses Unternehmen hat sämtliche Ansprüche aus diesem Vertrag an DC abgetreten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 4, 5, 7, 21 und 57 der Richtlinie 2011/83 heißt es:

„(4)      … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen … gewährleistet ist.

(5)      … [D]ie vollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des Widerrufsrechts in Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, [dürfte] zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beitragen.

(7)      Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen sollte die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen. …

(21)      Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag sollte definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Geschäftsräumen steht der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. …

(57)      Es ist notwendig, dass die Mitgliedstaaten Sanktionen für Verstöße gegen diese Richtlinie festlegen und für deren Durchsetzung sorgen. Die Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

Rz. 4

Art. 1 („Gegenstand“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge,...

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