Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen. Voraussetzungen für die Bestätigung. Versäumnisurteil. Begriff ‚unbestrittene Forderung'. Verhalten einer Partei im Verfahren, das als ‚Nichtbestreiten der Forderung' gelten kann

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 805/2004 Art. 3 Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Pebros Servizi

Pebros Servizi Srl

Aston Martin Lagonda Ltd

 

Tenor

Die Voraussetzungen, unter denen im Fall eines Versäumnisurteils eine Forderung als „unbestritten” im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen gilt, sind autonom, allein anhand dieser Verordnung, zu bestimmen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Bologna (Gericht von Bologna, Italien) mit Entscheidung vom 6. November 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 14. November 2014, in dem Verfahren

Pebros Servizi Srl

gegen

Aston Martin Lagonda Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter D. Šváby, J. Malenovský, M. Safjan (Berichterstatter) und M. Vilaras,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Pebros Servizi Srl, vertreten durch N. Maione, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Salvatorelli, avvocato dello Stato,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Moro und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Januar 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. 2004, L 143, S. 15).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines von der Pebros Servizi Srl, einer Gesellschaft mit Sitz in Italien, eingeleiteten Verfahrens zur Bestätigung eines gegen die Aston Martin Lagonda Ltd (im Folgenden: Aston Martin), eine Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, ergangenen rechtskräftigen Versäumnisurteils als europäischer Vollstreckungstitel im Sinne der Verordnung Nr. 805/2004.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 5, 6, 10, 12, 17 und 20 der Verordnung Nr. 805/2004 lauten:

„(5) Der Begriff ‚unbestrittene Forderung' sollte alle Situationen erfassen, in denen der Schuldner Art oder Höhe einer Geldforderung nachweislich nicht bestritten hat und der Gläubiger gegen den Schuldner entweder eine gerichtliche Entscheidung oder einen vollstreckbaren Titel, der die ausdrückliche Zustimmung des Schuldners erfordert, wie einen gerichtlichen Vergleich oder eine öffentliche Urkunde, erwirkt hat.

(6) Ein fehlender Widerspruch seitens des Schuldners im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) liegt auch dann vor, wenn dieser nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung des Gerichts, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht nachkommt.

(10) Auf die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung, die in einem anderen Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung in einem Verfahren ergangen ist, auf das sich der Schuldner nicht eingelassen hat, kann nur dann verzichtet werden, wenn eine hinreichende Gewähr besteht, dass die Verteidigungsrechte beachtet worden sind.

(12) Für das gerichtliche Verfahren sollten Mindestvorschriften festgelegt werden, um sicherzustellen, dass der Schuldner so rechtzeitig und in einer Weise über das gegen ihn eingeleitete Verfahren, die Notwendigkeit seiner aktiven Teilnahme am Verfahren, wenn er die Forderung bestreiten will, und über die Folgen seiner Nichtteilnahme unterrichtet wird, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen kann.

(17) Die für die Nachprüfung der Einhaltung der prozessualen Mindestvorschriften zuständigen Gerichte sollten gegebenenfalls eine einheitliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ausstellen, aus der die Nachprüfung und deren Ergebnis hervorgeht.

(20) Dem Gläubiger sollte es frei stehen, eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu beantragen oder sich für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 [des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1)] oder für andere Gemeinschaftsrechtsakte z...

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