Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 79/409/EWG. Erhaltung der wild lebenden Vogelarten. Besonderes Schutzgebiet. Änderung ohne wissenschaftliche Grundlage

 

Beteiligte

Kommission / Portugal

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Portugiesische Republik

 

Tenor

1. Die Portugiesischen Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/409/EWG vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten verstoßen, dass sie die Grenzen des besonderen Schutzgebiets „Moura, Mourão, Barrancos” verändert und dabei Gebiete ausgeschlossen hat, in denen wild lebende Vogelarten vorkommen, deren Schutz die Ausweisung des genannten Gebietes gerechtfertigt hat.

2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 28 April 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek und A. Caeiros als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kūris (Berichterstatter), J. Klučka und L. Bay Larsen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Februar 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie die Grenzen des besonderen Schutzgebiets (im Folgenden: BSG) „Moura, Mourão, Barrancos” (im Folgenden: betroffenes BSG) verändert und dadurch Gebiete ausgeschlossen hat, in denen wild lebende Vogelarten vorkommen, deren Schutz eine Ausweisung des genannten Schutzgebiets gerechtfertigt hat.

2 Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

„Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu berücksichtigen:

  1. vom Aussterben bedrohte Arten,
  2. gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten,
  3. Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten,
  4. andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.

Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.

Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.”

3 Auf eine Beschwerde hin, wonach das betroffene BSG ohne wissenschaftliche Grundlage geändert worden sei, übersandte die Kommission der portugiesischen Regierung am 17. Oktober 2003 ein Mahnschreiben, auf das die portugiesischen Behörden mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 antworteten.

4 Am 9. Juli 2004 übersandte die Kommission der portugiesischen Regierung eine mit Gründen versehene Stellungnahme, wonach die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie verstoßen habe, dass sie die Grenzen des betroffenen BSG verändert und dabei Gebiete ausgeschlossen habe, in denen wild lebende Vogelarten vorkämen, deren Schutz die Anweisung des genannten BSG gerechtfertigt habe; sie forderte diesen Mitgliedstaat auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten ab deren Zugang nachzukommen. Nachdem die Kommission die Antwort der portugiesischen Behörden am 24. Februar 2005 zur Kenntnis genommen hatte, gelangte sie zu der Ansicht, dass die Lage weiterhin nicht zufrieden stellend sei, und hat daher die vorliegende Klage erhoben.

5 In ihrer Klageschrift führt die Kommission aus, dass die Portugiesische Republik dadurch, dass sie das betroffene BSG gegenüber seiner Abgrenzung bei seiner Schaffung durch das Gesetzesdekret Nr. 384-B/99 vom 23. September 1999 (Diário da República I, Serie A, Nr. 223, vom 29. September 1999) durch das Gesetzesdekret Nr. 141/2002 vom 20. Mai 2002 (Diário da República I, Serie A, Nr. 116, vom 20. Mai 2002) verkleinert habe, mehrere wild lebende Vogelarten, die in dem Standarddatenbogen „Natura 2000”, der als Grundlage für die Schaffung dieses BSG gedient habe, aufgeführt seien und die nach der Richtlinie geschützt werden müs...

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