Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Berufsgeheimnis der nationalen Finanzaufsichtsbehörden. Informationen über eine betrügerische Wertpapierfirma, die sich im Verfahren der gerichtlichen Liquidation befindet

 

Normenkette

Richtlinie 2004/39/EG Art. 54

 

Beteiligte

Altmann u.a

Annett Altmann

Torsten Altmann

Hans Abel

Waltraud Apitzsch

Uwe Apitzsch

Simone Arnold

Barbara Assheuer

Ingeborg Aubele

Karl-Heinz Aubele

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

 

Tenor

Art. 54 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass sich eine nationale Aufsichtsbehörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auf die Pflicht berufen kann, gegenüber einer Person, die bei ihr in einem Fall, der weder unter das Strafrecht fällt noch ein zivil- oder handelsrechtliches Verfahren betrifft, Zugang zu Informationen über eine nunmehr in Liquidation befindliche Wertpapierfirma beantragt hat, das Berufsgeheimnis zu wahren, auch wenn das wesentliche Geschäftskonzept dieser Firma in groß angelegtem Anlagebetrug, verbunden mit der bewussten Schädigung von Anlegern, bestand und mehrere Verantwortliche der Firma zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Februar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 20. März 2013, in dem Verfahren

Annett Altmann,

Torsten Altmann,

Hans Abel,

Waltraud Apitzsch,

Uwe Apitzsch,

Simone Arnold,

Barbara Assheuer,

Ingeborg Aubele,

Karl-Heinz Aubele

gegen

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,

Beteiligter:

Frank Schmitt,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau und Herrn Altmann, Herrn Abel, Frau und Herrn Apitzsch, Frau Arnold und Frau Assheuer sowie Frau und Herrn Aubele, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Kilian und S. Giller,
  • der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vertreten durch R. Wiegelmann als Bevollmächtigten,
  • von Herrn Schmitt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. J. Baumert,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte,
  • der hellenischen Regierung, vertreten durch M. Germani, K. Nasopoulou und F. Dedousi als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und M. Manuel Simões als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik, A. Nijenhuis und J. Rius als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. September 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 54 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau und Herrn Altmann, Herrn Abel, Frau und Herrn Apitzsch, Frau Arnold und Frau Assheuer sowie Frau und Herrn Aubele auf der einen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) auf der anderen Seite wegen der Entscheidung der BaFin vom 9. Oktober 2012, den Zugang zu bestimmten Dokumenten und Informationen über die Phoenix Kapitaldienst GmbH Gesellschaft für die Durchführung und Vermittlung von Vermögensanlagen (im Folgenden: Phoenix) zu verweigern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2 und 63 der Richtlinie 2004/39 heißt es:

„(2) … [Es] ist … erforderlich, eine Harmonisierung in dem Umfang vorzunehmen, der notwendig ist, um Anlegern ein hohes Schutzniveau zu bieten und Wertpapierfirmen das Erbringen von Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen des Binnenmarkts auf der Grundlage der Herkunftslandaufsicht zu gestatten. …

(63) … In Anbetracht zunehmender grenzüberschreitender Tätigkeiten sollten die zuständigen Behörden einander die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zweckd...

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