Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Habitatrichtlinie. Unzulänglichkeit der zum Schutz der Art Cricetus cricetus (Feldhamster) getroffenen Maßnahmen. Verschlechterung der natürlichen Lebensräume

 

Beteiligte

Europäische Kommission

Französische Republik

 

Tenor

1. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung verstoßen, dass sie kein Programm von Maßnahmen aufgestellt hat, die einen strengen Schutz der Art Feldhamster (Cricetus cricetus) erlauben.

2. Die Französische Republik trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 25. September 2009,

Europäische Kommission, vertreten durch O. Beynet und D. Recchia als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und S. Menez als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzlerin: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. Januar 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung (ABl. L 363, S. 368, im Folgenden: Habitatrichtlinie) verstoßen hat, dass sie kein Programm von Maßnahmen aufgestellt hat, die einen strengen Schutz der Art Cricetus cricetus (Feldhamster) erlauben.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Hauptziel der Habitatrichtlinie ist es ihrem dritten Erwägungsgrund zufolge, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern.

Rz. 3

Art. 1 Buchst. a bis i dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

a) ‚Erhaltung’: alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die natürlichen Lebensräume und die Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Buchstabens e) oder i) zu erhalten oder diesen wiederherzustellen.

g) ‚Arten von gemeinschaftlichem Interesse’: Arten, die in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet

i) bedroht sind, außer denjenigen, deren natürliche Verbreitung sich nur auf Randzonen des vorgenannten Gebietes erstreckt und die weder bedroht noch im Gebiet der westlichen Paläarktis potenziell bedroht sind, oder

ii) potenziell bedroht sind, d. h., deren baldiger Übergang in die Kategorie der bedrohten Arten als wahrscheinlich betrachtet wird, falls die ursächlichen Faktoren der Bedrohung fortdauern, oder

iii) selten sind, d. h., deren Populationen klein und, wenn nicht unmittelbar, so doch mittelbar bedroht oder potenziell bedroht sind. Diese Arten kommen entweder in begrenzten geografischen Regionen oder in einem größeren Gebiet vereinzelt vor, oder

iv) endemisch sind und infolge der besonderen Merkmale ihres Habitats und/oder der potenziellen Auswirkungen ihrer Nutzung auf ihren Erhaltungszustand besondere Beachtung erfordern.

Diese Arten sind in Anhang II und/oder Anhang IV oder Anhang V aufgeführt bzw. können dort aufgeführt werden.

i) ‚Erhaltungszustand einer Art’: die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können.

Der Erhaltungszustand wird als ‚günstig’ betrachtet, wenn

  • aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und
  • das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und
  • ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Population dieser Art zu sichern.”

Rz. 4

Art. 2 Abs. 2 der Habitatrichtlinie bestimmt, dass die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen darauf abzielen, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

Rz. 5

Der Feldhamster gehört zu den in Anhang IV Buchst. a der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten. Dieser Anhang betrifft die „stre...

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