Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Warenverkehr. Mengenmäßige Beschränkungen. Maßnahmen gleicher Wirkung. Verweigerung der Zustimmung zu den Änderungen in den Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt. Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen

 

Normenkette

AEUV Art. 34, 36; Richtlinie 2001/83/EG

 

Beteiligte

kohlpharma

kohlpharma GmbH

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

Die Art. 34 und 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats die Zustimmung zu Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung für den erstgenannten Mitgliedstaat verfügt, einzig aus dem Grund ablehnt, dass die Bezugszulassung in diesem Mitgliedstaat erloschen ist und dass sich die vorgeschlagenen Änderungen sowohl auf die im anderen Mitgliedstaat zugelassenen Angaben über das parallelimportierte Arzneimittel als auch auf die Angaben über ein Arzneimittel stützen, das dieselbe therapeutische Indikation hat, das in den beiden betreffenden Mitgliedstaaten zugelassen ist und das im Wesentlichen mit demselben Wirkstoff, aber in einer anderen Darreichungsform hergestellt wird, wenn die in Rede stehende Parallelimport-Zulassung weiterhin gültig ist und keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr für den wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen bestehen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 9. August 2019, in dem Verfahren

kohlpharma GmbH

gegen

Bundesrepublik Deutschland

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), der Richter N. Piçarra, D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der kohlpharma GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt W. Rehmann,
  • der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch K. Hechinger als Bevollmächtigte,
  • Irlands, vertreten durch G. Hodge, M. Browne, J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Manhaeve, M. Noll-Ehlers und A. Sipos als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der kohlpharma GmbH und der Bundesrepublik Deutschland wegen der Verweigerung der Zustimmung zu den Änderungen in den Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt, durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 1 Nr. 28d der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67, sowie Berichtigung ABl. 2014, L 239, S. 81) in ihrer durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 299, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83) bedeutet „Pharmakovigilanz-System” ein „System, das der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen und die Mitgliedstaaten anwende[n], um den in Titel IX aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen[,] und das der Überwachung der Sicherheit genehmigter Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient”.

Rz. 4

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1)] in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel [und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG sowie der Verordnung Nr. 726/2004 (ABl. 2006, L 378, S. 1)] und der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und z...

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