Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz geografischer Angaben für Spirituosen. Eingetragene geografische Angabe ‚Scotch Whisky’. In Deutschland hergestellter Whisky, der unter der Bezeichnung ‚Glen Buchenbach’ vermarktet wird

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 110/2008 Art. 16 Buchst. a, b, c

 

Beteiligte

Scotch Whisky Association

Michael Klotz

 

Tenor

1. Art. 16 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 ist dahin auszulegen, dass eine „indirekte gewerbliche Verwendung” einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist. Somit genügt es nicht, dass der streitige Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann.

2. Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass das vorlegende Gericht bei der Feststellung, ob eine „Anspielung” auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, zu beurteilen hat, ob der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige europäische Durchschnittsverbraucher durch die streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware, die die geschützte geografische Angabe trägt, herzustellen. Im Rahmen dieser Beurteilung hat es, mangels einer klanglichen und/oder visuellen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eines teilweisen Einschlusses dieser Angabe in der Bezeichnung, gegebenenfalls die inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen.

Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass bei der Feststellung, ob eine „Anspielung” auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, nicht zu berücksichtigen sind.

3. Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe” vorliegt, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Januar 2017, in dem Verfahren

Scotch Whisky Association

gegen

Michael Klotz

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Scotch Whisky Association, vertreten durch die Rechtsanwältinnen K. H. Reuer und W. Baars,
  • von Herrn Klotz, vertreten durch Rechtsanwalt S. J. Mühlberger,
  • der hellenischen Regierung, vertreten durch G. Kanellopoulos, E. Leftheriotou, M. Tassopoulou und E. Chroni als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, S. Horrenberger und E. de Moustier als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Varrone, avvocato dello Stato,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und C. S. Schillemans als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers, D. Bianchi und I. Naglis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Februar 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 Buchst. a bis c der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 (ABl. 2008, L 39, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Scotch Whisky Association und Herrn Michael Klotz, der über das Internet Whisky vertreibt, wegen einer Klage, mit der Herr Klotz auf Unterlassung des Vertriebs eines in Deutschland hergestellten Whiskys mit der Bezeichnung „Glen Buchenbach” in Anspruch genommen wird.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 110/2008 heißt es:

„Der Spirituosensektor ist für die Verbraucher, die Hersteller und den Agrarsektor in d...

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