Entscheidungsstichwort (Thema)

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen. Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Auslegung von Art. 23. Gerichtsstandsvereinbarung in einem zwischen dem Hersteller und dem ursprünglichen Erwerber eines Gegenstands geschlossenen Vertrag. Vertrag im Rahmen einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen. Wirksamkeit dieser Vereinbarung gegenüber dem späteren Erwerber des Gegenstands

 

Beteiligte

Refcomp

Refcomp SpA

Axa Corporate Solutions Assurance SA

Axa France IARD

Emerson Network

Climaveneta SpA

 

Tenor

Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine in dem Vertrag zwischen dem Hersteller eines Gegenstands und dem Erwerber vereinbarte Gerichtsstandsklausel dem späteren Erwerber, der diesen Gegenstand am Ende einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen, die zwischen in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Parteien geschlossen wurden, erworben hat und eine Haftungsklage gegen den Hersteller erheben möchte, nicht entgegengehalten werden kann, es sei denn, es steht fest, dass dieser Dritte der Klausel unter den in diesem Artikel genannten Bedingungen tatsächlich zugestimmt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 17. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 22. November 2010, in dem Verfahren

Refcomp SpA

gegen

Axa Corporate Solutions Assurance SA,

Axa France IARD,

Emerson Network,

Climaveneta SpA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Ilešič, E. Levits und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Refcomp SpA, vertreten durch P. Pedone und A. Musella, avocats,
  • der Axa Corporate Solutions Assurance SA, vertreten durch B. Soltner, avocat,
  • der Emerson Network, vertreten durch A. Bénabent, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, B. Beaupère-Manokha und N. Rouam als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und F. Wannek als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Oktober 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1, im Folgenden: Verordnung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Refcomp SpA (im Folgenden: Refcomp) einerseits sowie der Axa Corporate Solutions Assurance SA (im Folgenden: Axa Corporate), der Axa France IARD, der Emerson Network (im Folgenden: Emerson) und der Climaveneta SpA (im Folgenden: Climaveneta) andererseits, mit dem vor den französischen Gerichten geklärt werden soll, ob die Rechtsmittelführerin des Ausgangsverfahrens als Herstellerin haftet, obwohl diese sich auf eine Klausel beruft, nach der die italienischen Gerichte zuständig sind.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Wie aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung hervorgeht, zielt diese darauf ab, „die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen”.

Rz. 4

Im elften Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es u. a.:

„Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist.”

Rz. 5

Art. 5 Nr. 1 in Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten”) des Kapitels II („Zuständigkeit”) der Verordnung enthält eine besondere Zuständigkeitsregel, nach der eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden kann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

Rz. 6

Art. 23 in Abschnitt 7 („Vereinbarung über die Zuständigkeit”) des Kapitels II der Verordnung bestimmt in seinem Abs. 1:

„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vereinbart, d...

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