Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Jeweilige Anwendungsbereiche. Konkurs eines Gerichtsvollziehers. Klage des mit der Verwaltung und der Abwicklung des Konkurses beauftragten Konkursverwalters

 

Normenkette

Verordnungen (EG) Nr. 44/2001; Verordnung EG Nr. 1346/2000

 

Beteiligte

NK

NK

BNP Paribas Fortis NV

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, der ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, zugrunde liegt, die vom Insolvenzverwalter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erhoben wird und deren Erlös im Erfolgsfall der Gläubigergemeinschaft zufließt, unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen” im Sinne von Abs. 1 dieser Bestimmung und damit in den materiellen Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 8. September 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 11. September 2017, in dem Verfahren

NK, Konkursverwalter der PI Gerechtsdeurwaarderskantoor BV und von PI,

gegen

BNP Paribas Fortis NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev, E. Regan, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von NK, Konkursverwalter der PI Gerechtsdeurwaarderskantoor BV und von PI, vertreten durch B. I. Kraaipoel, T. V. J. Bil, P. M. Veder und R. J. M. C. Rosbeek, advocaten,
  • der BNP Paribas Fortis NV, vertreten durch F. E. Vermeulen und R. J. van Galen, advocaten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und P. Lacerda als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Troosters und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Oktober 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1), Art. 4 Abs. 1 und Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. 2000, L 160, S. 1) und Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht „Rom II”) (ABl. 2007, L 199, S. 40).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen NK in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter der PI Gerechtsdeurwaarderskantoor BV und von PI (im Folgenden: Verwalter) und der BNP Paribas Fortis NV (im Folgenden: Fortis) über die vom Verwalter im Rahmen der in Belgien eröffneten Konkursverfahren veranlasste Beitreibung eines Betrags, der von einem der Konkursschuldner unrechtmäßig von einem Konto bei Fortis in Belgien abgehoben wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 1346/2000

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 4, 6, 7 und 23 der Verordnung Nr. 1346/2000 lauten:

„(4) Im Interesse eines ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes muss verhindert werden, dass es für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um auf diese Weise eine verbesserte Rechtsstellung anzustreben (sog. ‚forum shopping’).

(6) Gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollte sich diese Verordnung auf Vorschriften beschränken, die die Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren und für Entscheidungen regeln, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen. Darüber hinaus sollte diese Verordnung Vorschriften hinsichtlich der Anerkennung solcher Entscheidungen und hinsichtlich des anwendbaren Rechts, die ebenfalls diesem Grundsatz genügen, enthalten.

(7) Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren sind vom Anwendungsbereich des … Übereinkommens [vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch das Abkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Repu...

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