Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Begriff ‚Zahlungskonto’. Mögliche Einbeziehung eines Sparkontos, auf das bzw. von dem der Nutzer über ein auf ihn lautendes Girokonto Einzahlungen und Abhebungen vornehmen kann

 

Normenkette

Richtlinie 2007/64/EG

 

Beteiligte

ING-DiBa Direktbank Austria

Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte

ING-DiBa Direktbank Austria Niederlassung der ING-DiBa AG

 

Tenor

Art. 4 Nr. 14 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG ist dahin auszulegen, dass ein Sparkonto mit täglicher Fälligkeit, auf das bzw. von dem Einzahlungen und Abhebungen nur über ein Girokonto vorgenommen werden können, nicht unter den Begriff „Zahlungskonto” fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 28. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13. April 2017, in dem Verfahren

Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte

gegen

ING-DiBa Direktbank Austria Niederlassung der ING-DiBa AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger sowie des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, vertreten durch Rechtsanwalt W. Reichholf,
  • der ING-DiBa Direktbank Austria Niederlassung der ING-DiBa AG, vertreten durch Rechtsanwalt A. Zahradnik,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch D. Klebs und T. Henze als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und T. Scharf als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Juni 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Nr. 14 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1, im Folgenden: Zahlungsdienste-Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, der eine Klageberechtigung zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen zukommt, und der ING-DiBa Direktbank Austria Niederlassung der ING-DiBa AG (im Folgenden: ING-DiBa Direktbank Austria) wegen der Zulässigkeit der von dieser Bank verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Zahlungsdienste-Richtlinie

Rz. 3

Die Zahlungsdienste-Richtlinie gilt nach ihrem Art. 2 Abs. 1 „für Zahlungsdienste, die innerhalb der Gemeinschaft geleistet werden”.

Rz. 4

In Art. 4 dieser Richtlinie heißt es:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

3. ‚Zahlungsdienst’ jede im Anhang aufgeführte gewerbliche Tätigkeit;

5. ‚Zahlungsvorgang’ die bzw. der vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger;

14. ‚Zahlungskonto’ ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird;

…”

Rz. 5

Im Anhang dieser Richtlinie wird u. a. Folgendes als Zahlungsdienste eingestuft:

„2. Dienste, mit denen Barabhebungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge.

3. Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich des Transfers von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister:

  • Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften;
  • Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Instruments;
  • Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen”.

Zahlungskonten-Richtlinie

Rz. 6

Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. 2014, L 257, S. 214, im Folgenden: Zahlungskonten-Richtlinie) heißt es:

„Die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Entgelten und den Zahlungskontowechsel sollten für alle Zahlungsdienstleister im Sinne der [Zahlungsdienste-Richtlinie] gelten. … Sämtliche Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie sollten Zahlungskonten betreffen, die Verbrauchern die Möglichkeit zur Durchführung folgender Zahlungsvorgänge e...

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